Nachhaltiger mit flexibler Ernährung
Angesichts der Debatten rund um den Klimawandel sollte sich jeder die Frage stellen, wie wir unseren eigenen ökologischen Fußabdruck verringern können. MELISSA HEMSLEY ist Verfechterin flexiblen Kochens sowie einer nachhaltigen Ernährung und teilt in ihrem neuen Buch Eat Green neben allem Wissenswerten zum Thema flexible Ernährung und Abfallreduzierung auch ihre besten innovativen Wohlfühlrezepte. Hier verrät sie, wie Sie mit kleinen Veränderungen einen ersten Schritt in die richtige Richtung machen können…
Wir alle genießen Lebensmittel, die uns gut schmecken, die gut für uns und für den Planeten sind. Umso besser, wenn die Mahlzeiten zudem schnell und einfach zubereitet sind und uns Stress in der Küche ersparen. Eine pflanzenbasierte Ernährung und generell Gemüse sind in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der Debatte gerückt, der Trend geht zwiefelsohne zum bewussten Konsum. Wie aber lässt sich eine nachhaltige Ernährung auf praktische Weise in unseren hektischen Alltag integrieren?
Das Wichtigste zuerst. Es gibt nicht die eine richtige Ernährung, stattdessen gilt es, ihren individuell richtigen Weg zu finden. Ich bin restlos überzeugt von der flexiblen Ernährung, auch unter dem Namen Flexitarismus bekannt. Statt sich einer bestimmten Ernährungsweise zu unterwerfen oder bestimmten Labels gerecht zu werden, können Sie mit diesem Ansatz flexibel entscheiden, was sie einkaufen, kochen und genießen. Mein Motto ist ,abschmecken statt wegschmeißen‘, das bedeutet Freestyle-Kochen mit den Dingen, die sich in Ihrem Kühlschrank und Vorratsschrank befinden. So können wir auf einfache Weise kleine Impulse im Alltag setzen, um uns besser zu fühlen, weniger Müll zu produzieren und einen positiven Beitrag für die Umwelt zu leisten.
Flexible Ernährung ist etwas, womit sich jeder von uns anfreunden kann, ganz gleich, ob Sie Ihren Fleisch-, Fisch- und Milchkonsum zugunsten qualitativ hochwertiger, bewusst ausgewählter Produkte reduzieren oder komplett darauf verzichten. Zudem wird berücksichtigt, dass der vollständige Verzicht auf tierische Produkte nicht jedermanns Sache und für manche Menschen nicht aufrechtzuerhalten ist. Dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie wir uns langfristig auf eine ,grünere‘ und gesündere Weise ernähren können.
Ein guter Anfang ist es, bei der Gemüseauswahl experimentierfreudiger zu werden, denn Hand aufs Herz, viel zu oft landen immer die gleichen Sorten im Einkaufskorb. „Je mehr, desto besser“ lautet mein Motto sowohl was die Menge als auch die Vielfalt beim Gemüse betrifft. So können wir wieder einen Bezug zur Natur herstellen, verstehen, wo unser Essen herkommt und wer es anbaut. Außerdem ist es eine Möglichkeit, sich auf besonder geschmacksintensive, saisonale Produkte aus der Region einzulassen. (Eat Green ist ein Guide to the Seasons für saisonales Produkte beigelegt. Machen Sie einfach ein Foto davon, um den Guide beim nächsten Einkauf zur Hand zu haben.)
Flexible Ernährung umfasst ebenso das Reduzieren von Fleisch und Fisch (falls Sie nicht ganz darauf verzichten) und stattdessen auf bessere Qualität zu achten. Oder Sie verwenden weniger beliebte Teile vom Tier, die andernfalls im Abfall landen würden. Diese Fleischstücke eignen sich oft hervorragend zum Schmoren oder langsamen Garen in Eintöpfen, Currygerichten oder für einen Suppenfond. Ihr Fleischer oder Fischhändler ist eine gute erste Anlaufstelle. Auch eine kreativere Resteverwertung und bedachteres Einkaufen gehören dazu, denn auch aus Resten lassen sich interessante, leckere Gerichte kochen. (Ein guter Ausgangspunkt sind die Rezepte „Fridge Forage Frittata“, „Clear the Fridge Curry“ und „Fruit Bowl Bake“ in Eat Green.)
Aber keine Sorge, falls das alles nach etwas zu viel Aufwand klingt. Eine umweltfreundlichere Ernährung muss nicht bedeuten, dass Sie sämtliche Kochgewohnheiten umschmeißen und sich plötzlich zu 100 Prozent nachhaltig ernähren müssen. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf kleine Dinge, die Sie im Alltag anders machen und auch langfristig umsetzen können.
Legen Sie noch heute los und mach Sie den ersten Schritt, indem Sie sich aus den Resten von heute ein Gericht für morgen überlegen. Heben Sie Kräuterstängel, Rucola- und Spinatblätter auf, um daraus ein leckeres Pesto zuzubereiten, oder zaubern Sie aus den Resten vom Sonntagsbraten eine weitere Mahlzeit. Scheuen Sie sich nicht davor, in Sachen Gemüse auf Abwechslung zu setzen, je nachdem, was gerade Saison hat und aus der Region kommt (das bedeutet auch, dass Avocados vielleicht nicht mehr täglich auf den Tisch kommen sollten – es gibt auch Alternativen zum berühmten und beliebten Avocado on Toast). Oder Sie bereiten eine Extraportion Ihrs Lieblingsgerichts zu, um ein Mittagessen für den nächsten Tag zu haben.
Im gleichen Atemzug sollten Sie auch Ihre Einkaufsgewohnheiten überdenken und auf überflüssiges Verpackungsmaterial verzichten. Greifen Sie stattdessen zu wiederauffüllbaren Basics wie Nudeln, Linsen, Reis usw. sowie Öl und Wein – wahlweise auch Kombucha – in wiederauffüllbaren Flaschen. Wenn jeder einen kleinen Beitrag leistet, lässt sich viel erreichen. Also nutzen Sie die Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, denn jeder Schritt (und Bissen) zählt.
Und außer Haus? In diesen sieben Restaurants steht Gemüse klar an erster Stelle. Einige servieren ausschließlich pflanzenbasierte Gerichte, bei anderen stehen auch Fleisch und Fisch aus artgerechter Haltung auf der Karte.
VEGGIE KULINARIK
Das im idyllischen Hampshire gelegene Heckfield Place verfügt über einen eigenen Hof mit Viehzucht und Gemüseanbau, der das Restaurant mit frischen Erzeugnissen versorgt. Die Gerichte auf der Karte werden von niemand anderem als einer meiner Food-Heldinnen, Skye Gyngell, kreiert; es sind saisonale Speisen, die auf Gyngells typisch elegante Art zubereitet und serviert werden. Alternativ bietet sich Ihnen vielleicht die Gelegenheit, bei ihrem Restaurant Spring im Londoner West End vorbeizuschauen. Das Highlight ist ihr Theatermenü Scratch aus Zutaten, die es anderswo nicht aufs kulinarische Treppchen geschafft hätten.
Das innovative Restaurant Silo ist erst kürzlich aus Brighton ganz in meine Nähe im Londoner Osten gezogen – sehr zu meiner Freude. Nicht nur sind die Gerichte aus regionalen und saisonalen Zutaten ausgesprochen kreativ, auch zieht sich der Zero-Waste-Ethos hier durch alle Bereiche. Silo arbeitet eng mit den Erzeugern zusammen, um Plastikverpackungen zu eliminieren, und absolut alles wird direkt vor Ort im Restaurant hergestellt, von der gealterten Butter bis hin zum Brot. Speisereste werden kompostiert und auch Fleisch von Milchkühen beispielsweise, die oft nicht mehr verwertet werden, wird sorgfältig ausgewählt und respektvoll zubereitet.
Plates im Londoner Viertel Shoreditch ist ein pflanzenbasiertes kreatives Kochstudio und Restaurant, das samstags auch für die Öffentlichkeit geöffnet hat. Hier erwarten Sie nicht nur ein besonderes Ambiente, sondern auch ausgefallene kulinarische Hochgenüsse. Da wären die Sellerie- und Shiitakepilz-Lasagne mit einer Soße aus schwarzem Trüffel, die klassische Zwiebelsuppe modern interpretiert oder ein Biskuit mit Beeren, zu dem eine Vanillesoße mit Mädesüß und Hibiskus serviert wird.
Das New Yorker „Farm to Table“-Restaurant Blue Hill von Spitzenkoch Dan Barber ist ein absolutes Highlight. Das Restaurant bezieht sämtliche Erzeugnisse aus der unmittelbaren Umgebung, wie von der restauranteigenen Blue Hill Farm und dem Stone Barns Center. Die wöchentlich wechselnde Karte zelebriert, was in der jeweiligen Woche verfügbar ist. Das Ergebnis sind saisonale, pflanzenbasierte Gerichte wie Pastinaken-Ravioli mit Pilzfond und geräuchertem Spitzkohl. Unglaublich lecker!
Unfassbar guten Hummus, nahöstliche Spezialitäten, Shakshuka und Falafel gibt es bei Hasiba in Los Angeles. In ungezwungenem Ambiente lässt es sich hier auch vorzüglich brunchen und es gibt großartige Pitabrote als Snack für unterwegs.
Mexikanische, über einem riesigen Holzfeuer zubereitete Speisen werden Ihnen im Restaurant Quetzal in Toronto serviert. Hier nimmt Gemüse wirklich einen Ehrenplatz ein: Die Süßkartoffeln vom Holzkohlegrill sind ein absoluter Gaumenschmaus.
Das ebenfalls mexikanische und in Toronto ansässige Restaurant Rosalinda serviert ausschließlich pflanzenbasierte Gerichte in einem wunderschönen lichtdurchfluteten Ambiente. Auf der Karte befinden sich köstliche Tacos, Salate und Brunchspezialitäten. Probieren Sie auf jeden Fall auch die Blumenkohl-Tostadas.
Das helle und freundliche Café Ineko liegt versteckt in einer hübschen kleinen Seitengasse im Pariser Marais. Auf der wechselnden Karte befinden sich saisonale, überwiegend pflanzenbasierte Gerichte. Genießen Sie Ihr Mittagessen mit einem Glas Naturwein und werfen Sie unbedingt auch einen Blick auf die Keramikdesigns, die an der Theke zum Verkauf stehen.
Die englische Ausgabe von Eat Green mit über 100 Rezepten und Tipps zur flexiblen Ernährung ist jetzt erhältlich.