Christine Centenera über ihre 7 Style-Lektionen, Selbstvertrauen und ihre Karriere
CHRISTINE CENTENERA kann auf viele Jahre Erfahrung als Stylistin zurückblicken und hat einen charakteristischen Look kultiviert, der gerne kopiert wird. Da ist es keine Überraschung, dass ihr Label Wardrobe.NYC Kultstatus erreicht hat. Hier erzählt sie uns über ihre Anfänge in der Modeindustrie, das Arbeiten mit Virgil Abloh und dass auch sie manchmal nicht weiß, was sie anziehen soll
Die in Australien geborene und in New York lebende Stylistin Christine Centenera begann ihre Karriere Anfang der 2000er bei der Zeitschrift Cosmopolitan in Sydney. Heute teilt die Fashion Directorin der Vogue Australia ihre Zeit zwischen den USA und der Arbeit an der Seite von Virgil Abloh bei Louis Vuitton in Paris auf. Mit ihrem eleganten, zurückhaltenden und oft monochromen Look ist sie vor den Kameras ebenso eine Streetstyle-Sensation wie hinter den Kulissen. 2017 gründete sie zusammen mit dem australischen Modedesigner Josh Goot das Label Wardrobe.NYC, das sich auf edle Garderoben-Essentials konzentriert, um so das Styling zu vereinfachen. Zum Launch von Wardrobe.NYC bei NET-A-PORTER haben wir uns mit Centenera über ihren bisherigen modischen Werdegang und ihre Tipps für zeitlosen Stil unterhalten.
Über die Bedeutung von Kleidung
„Als ich jünger war, war ich kein Mode-Superfan. Doch Kleidung interessierte mich und ich habe schon immer schöne Dinge geliebt und Qualität zu schätzen gewusst. Mein Verständnis für die Bedeutung von Kleidung wurde schon früh geprägt. Ich habe vier Schwestern und wir sind altersmäßig nicht weit auseinander – so bemerkte ich, dass sich ähnliche Menschen mit der gleichen Erziehung durch Mode unterschiedlich ausdrücken können. Auch wenn das Kleidungsstück das gleiche war, wurde es auf verschiedene Weisen getragen. Anhand meiner Mutter und meiner Schwestern sah ich, wie Mode unser Leben positiv beeinflussen kann.“
Über den Einstieg in die Modebranche
„Als ich mit der High School fertig war, wusste ich nicht wirklich, was ich machen wollte. Ich spielte mit der Idee, Ernährungsberaterin zu werden, entschloss mich dann aber doch Kunstgeschichte zu studieren. Während meiner Zeit an der Uni, arbeitete eine Freundin bei der Cosmopolitan. Ich bekam einen Job bei Harper’s Bazaar als Marketingassistentin und arbeitete dort ein paar Jahre. Ehrlich gesagt, schaute ich mir die Fashion-Girls an, die dort ein und ausschwebten und hielt das nicht für einen ernsthaften Job – ich rollte sogar immer ein bisschen mit den Augen, obwohl ich selbst bei einem Modemagazin arbeitete!“
Darüber, wie sie Stylistin wurde
„Als ich um die 23 Jahre alt war, bot mir die damalige Chefredakteurin an, in die Modeabteilung zu wechseln, da ihr meine Art mich zu kleiden gefiel. Also wechselte ich und unterstützte das Market-Team. Von diesem Zeitpunkt an wurde mir klar, dass Mode, Fotografie und Styling mehr ist, als ich ursprünglich dachte. Ich arbeitete mich schließlich zum Senior Fashion Editor hoch.“
Über die Entwicklung ihres Stils
„Damals ging es beim Styling bei einem Magazin nie wirklich um den eigenen persönlichen Stil, also spiegelte sich das nie in der Arbeit wider. Es ging immer um die Story oder um die Person, die abgelichtet wurde. In dieser Zeit war man als Stylistin eher anonym. Jeder Stylist hat jedoch seine eigenen Tricks. Manchmal laufen die Dinge am Set nicht so, wie sie sollten. Und wenn ich mal nicht weiterwusste und ein Look nicht gut aussah, griff ich auf die Pieces zurück, die ich immer bei mir habe und von denen ich weiß, dass sie einfach an jedem toll aussehen und sich gut fotografieren lassen. Diesem Grundsatz bleibe ich auch bei meiner eigenen Garderobe treu.“
Über Reisen, die ihre Garderobe bestimmen
„Vor zehn Jahren wechselte ich zur australischen Vogue, wo ich derzeit Fashion Director bin. Doch die letzten fünf Jahre habe ich in New York gelebt und vom Büro von Condé Nast in Manhattan aus gearbeitet. Und da ich auch mit Virgil Abloh bei Louis Vuitton in Paris arbeite und dort die Menswear-Linie style, war ich dauernd auf Reisen [vor dem Lockdown]. Alle zwei bis drei Wochen war ich im Flugzeug. Ich bin einer der Menschen, der zehn Tage lang mit einem Handgepäcksstück auskommt – ich habe immer Pieces eingepackt, von denen ich wusste, dass sie vielseitig miteinander kombinierbar waren und ich sicher war, dass ich mich darin gut fühlen und gut aussehen würde.“
Über die Entstehung von Wardrobe.NYC
„Es begann als eine Idee von mir und Josh Goot, um Menschen zu helfen, ihre Alltagsgarderobe zu vereinfachen. Der Fokus liegt auf Key Pieces, von denen wir glauben, dass sie luxuriöse Essentials sind und sie jeder zu Hause im Schrank haben sollte. Denn das ist ein effizienteres und weniger verschwenderisches Modekonzept. Beim Designen habe ich an mich selbst gedacht. Ich kaufe Kleidung saisonal. Jede Saison gibt es Pieces, von denen ich weiß, dass sie nicht aus der Mode kommen und noch jahrelang tragbar sein werden. Auf ihnen steht kein Markenname und sie wurden von den besten Herstellern Europas gefertigt. Das war der Ausgangspunkt. Von dort ist es gewachsen.
Ich glaube, dass ich als Stylistin Silhouetten und die richtige Passform gut verstehe. Ich weiß, wenn ein Blazer richtig gut aussehen wird. Und wir testen alle Pieces auf verschiedenen Körpergrößen, um sicherzugehen, dass sie vielen Frauen mit verschiedenen Größen und Formen passen. Es war wichtig, dass für jede Frau etwas dabei ist. Daher haben wir uns dazu entschlossen, eine permanente Kollektion unserer beliebtesten Styles in neuen Farben und klassischen Mustern zu lancieren. Denn unsere Capsule-Kollektionen waren andauernd ausverkauft. Ich glaube, dass auch die australische Lebenseinstellung in die Kleidungsstücke und das Konzept einfließt. Der australische Stil ist freier und jünger als der der nördlichen Hemisphäre, wenn es um Mode geht. Weniger ist mehr.“
Über Selbstvertrauen
„Die Leute glauben, wenn man in der Modeindustrie arbeitet, hätte man alle Selbstsicherheit der Welt und weiß immer, was man tragen soll. Aber auch ich habe Tage, an denen ich einfach nichts finden kann, das zusammenpasst. Manchmal ist es schwierig, ein Outfit zusammenzustellen, das allen Terminen gerecht wird, die ich an diesem Tag geplant habe. Wardrobe.NYC hilft mir, dieses Problem zu lösen. Ein T-Shirt, ein Blazer und Leggings sind mein Alltagslook. Mein persönlicher Stil ist recht zurückhaltend, doch diese Kombination scheint immer zu funktionieren. Ich weiß, dass ich mich darin immer gut fühlen werde.“