Coverstory

Kate the great

mit

Kate Moss

Kate Moss über Muttersein und ihren legendären Stil

KATE MOSS: Jeder will sie sehen, Zeit mit ihr verbringen, vor allem aber aussehen wie sie. Wie sie AJESH PATALAY verrät, ist Letzteres dank ihrer neuen Kollektion bald kein Problem mehr.

Foto Chris CollsStyling George Cortina
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Jacket by Kate Moss for Equipment; scarf by Rockins

Kate Moss gibt so gut nie Interviews. Schuld daran ist ihr Ex-Freund Johnny Depp, der ihr einen wichtigen Rat fürs Rampenlicht gegeben hat: nicht beschweren, nicht erklären. Diesen Tipp befolgt sie noch heute.

Die Ironie ist – und wussten wir das nicht immer schon? – Moss redet für ihr Leben gerne. Und genau deshalb mag sie keine Interviews: „Ich rede zu viel“, sagt sie. Die Wahrheit ist, sie hat ein Talent dafür, Geschichten zu erzählen. Dabei spricht sie wievom Blitz getroffen, auf eine Anekdote folgt die nächste, wie diese über eines ihrer Idole: „Ich war so nervös, als ich Prince getroffen habe“, beginnt sie. „Ich war in Donatella Versaces Suite, in ihrem Bett, und hörte, wie sie über ihn sprach. Ich fragte sie etwas verwirrt, weshalb, und sie antwortete: ,Er ist hier!’. Ich sah hoch und da saß er, am Bettende! Ich war sprachlos! Erst konnte ich ihm kaum in die Augen sehen, aber dann sagte ich zu ihm, er solle sich einen dieser Catsuits kaufen. Da hatte ich gerade einen mit Pailletten an…“

Entweder bemühen Sie in diesem Moment Google oder sie wissen genau, um welchen Catsuit es geht. Das ist die Sache mit Moss: Seit Jahren versuchen wir, ihren Stil zu imitieren und jedes ihrer Outfits ausfindig zu machen, in der Hoffnung, etwas von ihrer Coolness möge auf uns abfärben. Fernab glitzernder Catsuits hat aber auch ihr Freizeitlook eine Trendwelle in Bewegung gesetzt, vor allem ihre Glastonbury-Outfits. Zum Kleid umfunktionierte Hemden, Weste, Gürtel und… Gummistiefel. Nur Kate Moss kann Gummistiefel zum Must-have machen.

Ihren heutigen Look beschreibt sie als „Arbeitsoutfit“: schwarze Skinny-Jeans, eine schwarze Cargojacke über den Schultern, schwarzes Top, schwarze Stiefel, schwarze Handtasche und eine schwarze Sonnenbrille. „Tagsüber gebe ich mir keine Mühe, aber abends gehe ich aufs Ganze.“

Egal, wie sehr sie ihren Alltagslook auch herunterspielt, für uns Normalsterbliche ist ihr lässiger Stil das ultimative Ziel. Umso mehr können wir es kaum erwarten, weiteres über ihr neuestes Projekt, die Zusammenarbeit mit dem französischen Label Equipment, zu erfahren. Die Kollektion greift ihre Lieblingsprints – Blitze, Sterne und Leopardenmuster – auf.

„Ich würde die Designs auch alle selber tragen“, erklärt Moss. „Die Hemden von Equipment habe ich früher schon an meinem Mann bewundert Jamie Hince, Bandmitglied der The Kills, allerdings gibt es Trennungsgerüchte. Irgendwann habe ich sie dann geklaut. Mit einem übergeworfenen Seidenhemd ist alles gesagt. Maskulin, aber sexy, so fühle ich mich tagsüber am wohlsten.“

Moss verrät, dass sie ihren Schatz an Kleidungstücken inzwischen an „einem geheimen Ort“ aufbewahrt. „Wo, sage ich nicht, sonst muss ich mit Überfällen rechnen. Die Rolling Stones haben angeblich auch ein Archiv; und nicht mal ihre Kinder wissen, wo es sich befindet!“ Ein ganzer Hangar? „Haha, nein“, lacht sie. „Einiges ist über die Jahre verschwunden, aber nicht alles. Meine Tochter Lila Grace, 13, mit Exfreund Jefferson Hack soll es irgendwann bekommen. Ich habe ihr neulich ein Ossie-Clark-Kleid gekauft, aus weißem Chiffon mit Blattmuster. Es ist das gleiche, das Twiggy beim Shooting mit Richard Avedon anhatte. Im Moment gefällt ihr nichts von meinen Klamotten, aber das ändert sich hoffentlich noch.

Mantel von Stella McCartney. Hose von Kate Moss for Equipment.
Hemd und Hose von Kate Moss for Equipment. Ohrringe: Kates eigene.

Die Kampagne für ihre Equipment-Kollektion wurde in ihrem Haus in den englischen Cotswolds fotografiert, wo sie jedes Wochenende verbringt („Der absolute Traum! Platz ohne Ende, weit und breit kein Mensch zu sehen“). Und dann sind da noch Freundin Susie Bick und Moss’ Patenkind Ella Richards, 20, die Tochter von Lucie de la Falaise und Marlon Richards.

„Sie ist toll!“, begeistert sie sich über ihr Patenkind. „Inzwischen kommt sie ohne ihre Eltern zu meinen Partys. Sie übernachtet bei mir und wir haben ziemlich viel Spaß! Wenn sie nicht weiß, was sie anziehen soll, zaubere ich etwas hervor. Wir haben die gleiche Schuhgröße!“ Wer hätte Kate Moss nicht gerne als Patentante?

„Aber ich passe auch auf“, versichert sie. „Ich bin Mama Kate, ich habe recht viele Patenkinder. Die scheinen es ganz gut zu finden, dass ich so streng bin. Lila sagt, ich sei strenger als andere Eltern.“ Bei der Hausaufgabenkontrolle? „Nein, die macht sie von alleine.

Ich knöpfe sie mir manchmal vor und sage…“, Moss nimmt ihre Sonnenbrille ab und fixiert mich mit ihrem Blick, „du musst ihnen Angst machen, sonst gewinnen sie.“ Ob sie gerne noch einen Jungen hätte? „Ja, ich mag Jungs“, sagt sie, Kinder im Allgemeinen, korrigiert sie sich „Erwachsene können so langweilig sein.“

Nicht so Kate Moss. Nicht im Entferntesten würde man das Wort Langeweile mit ihr in Verbindung bringen. Trotz des Hypes um ihre Person glaube ich ihr, wenn sie sagt: „Ich halte mich für normal. Keine Ahnung, warum ich immer als verrückt bezeichnet werde.“

Vor der Kamera mag sie eine außergewöhnliche Präsenz haben, in echt aber kommt sie wirklich normal rüber. Sie ist für jeden Spaß zu haben, weder Starallüren noch Diva-Anwandlungen. Ihr einziger Wunsch am Set: McDonalds statt des gesunden Caterings für den Rest der Crew. „Cheeseburger und Pommes bitte, ich kann bei der Arbeit einfach keine Linsen essen.“

Pyjamatop und Hose von Kate Moss for Equipment. Hut von Maison Michel.
Top von Kate Moss for Equipment. Ohrringe: Kates eigene

Muss ich noch einmal betonen, dass Moss Spaß versteht? „Ich mag Comedy und ich kann über mich selbst lachen. Ich bin einfach kein ernster Mensch.“ Und so gab es kein Zögern, als ihr ein Gastauftritt im neuen Film Absolutely Fabulous angeboten wurde. „Es war toll, mit Eddie, Patsy, Saffy und Bubbles in einem Raum zu sein. Eddie hat schon morgens um 10.30 Uhr die Sektkorken knallen lassen. Ihr Kommentar: ,Sonst trinken wir Ginger Ale, aber für dich haben wir echten Champagner gekauft!‘

Der Trailer gibt preis, dass Moss in der Themse landen wird. Ich beneide sie nicht. „Lulu und Bubbles waren ja schon vor mir drin. Eigentlich war es lustig, weil danach Leute mit Reinigungs-tüchern ankamen, ich aber nur meinte: ,Alles schon gehabt.’ Nach 25 Jahren im Modelgeschäft bringt mich nichts mehr aus der Fassung.“

Nach einem Vierteljahrhundert an der Spitze streckt Moss nun ihre Fühler aus. Sie erzählt von einem neuen Projekt mit Kriegsfotograf Don McCullin. „Er hat noch nie Models fotografiert“, berichtet sie aufgeregt. „Er ist eine Legende. Ich will wissen, was er zu erzählen hat. Ich habe ihn gefragt, ob wir die Portraits über mehrere Wochenenden verteilt schießen können, damit ich ihn richtig kennenlernen kann, statt alles in einen Tag zu quetschen. So war es auch mit Lucian Freud, der sie während ihrer Schwangerschaft nackt gemalt hat. Ich hatte neun Monate lang Zeit, um ihn kennenzulernen! Darum geht es mir, wenn ich mit Künstlern zu tun habe, nicht um die Arbeit, ums Modeln oder um die Bilder, sondern ums Zuhören. Für mich ist es eine Ehre, mir ihre Geschichten anhören zu dürfen. Lucian konnte aber nicht gleichzeitig malen und sprechen, deshalb musste ich ihm leider sagen, dass er sich aufs Malen konzentrieren soll…“

Blazer und Hose von Kate Moss for Equipment. Top von Rick Owens.

Das Gespräch verlagert sich auf eine Musiklegende, von deren Stil sich Moss regelmäßig hat inspirieren lassen. „Es war ein Schock und ich kann es immer noch nicht glauben“, beschreibt sie den Tod ihres Freundes David Bowie. „Ich hatte ihn schon länger nicht mehr gesehen, aber er schickt mir seit einigen Jahren eine Karte zum Geburtstag.“ Zwei Tage vor seinem Tod hat sie noch erzählt, dass sie bei einem Dinner lilafarbene

Stiefel à la Ziggy Stardust anhatte und jemand fragte, ob das zu Ehren von Bowies Geburtstag sei. „Da habe ich schnell ,Happy Birthday DB’ auf ein Plakat gemalt, im Hintergrund einen auf Mr Bojangles gemacht und ihm kurzerhand ein Video davon geschickt. Ich weiß aber nicht, ob er es noch erhalten hat.“

Ich frage sie, wie Bowie als Freund war: „Ich wusste, dass ich immer auf ihn zählen kann, wie auf Alexander McQueen. Auf manche Leute ist einfach Verlass, komme, was wolle. So auch auf Bowie. Er hat mich immer gefragt, ob alles in Ordnung sei, wenn er etwas über mich gelesen oder gehört hat. Wenn man Bowie auf seiner Seite weiß, fühlt man sich einfach viel besser. Dann ist mir egal, was andere über mich denken.“

Etwas anderes hätten wir von der Rebellin der Modewelt auch nicht erwartet.

Jacke von Golden Goose Deluxe Brand. Hemd von Kate Moss for Equipment. Jeans von Current/Elliott.

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