Goldmarie 2.0
mit
Jean Campbell

Das britische Model JEAN CAMPBELL modelt die heiß begehrten Cover-ups der H/W19 und verrät im Gespräch mit GILLIAN BRETT, wie sie mit der Burberry-Kampagne ihre steile Karriere wortwörtlich auf Krücken startete und erinnert sich an ihren wahrlich königlichen Moment auf dem Laufsteg.
Jean Campbell ist im Sternzeichen Zwilling geboren und obwohl sie keinen direkten Bezug zur Astrologie hat, lässt sich die Dualität ihres Sternzeichens nicht übersehen: Die Schönheit des britischen Supermodels ist nicht von dieser Welt und trotzdem bleibt sie bodenständig und zurückhaltend. Als Model für Burberry und Louis Vuitton hielt sie ihre aufstrebende Karriere vor ihren Freunden in der Schule geheim. „Ich habe meine beruflichen Tätigkeiten stets für mich behalten“, erzählt sie beim Kaffeetrinken in einem Café in West London. „Stattdessen behauptete ich, einen Arzttermin zu haben oder so. Letztlich erwies es sich als unmöglich eine Kampagne für Burberry geheim zu halten.“
Im Alter von 16 Jahren stand sie für die F/S14-Kampagne von Burberry zum ersten Mal vor der Kamera, anschließend modelte sie sechs Monate lang exklusiv für das renommierte Label. Zusammen mit Malaika Firth, Matilda Lowther und Leelam Gill wurde sie von Burberrys ehemaligem Kreativdirektor Christopher Bailey für die „English Roses“-Werbestrecke ausgewählt. Nicht zu vergessen, dass Campbell sich nur acht Wochen zuvor einer Hüftoperation unterzog und obwohl sie sich noch auf dem Weg der Genesung befand, ergriff sie diese einmalige Gelegenheit. „Ich lief auf Krücken und dachte, sie würden mich deshalb ablehnen. Aber ich war überzeugt, den Job machen zu können. Das Team war super lieb und umsichtig mit mir und achtete stets darauf, dass die Fotos entweder in liegenden oder sitzenden Positionen geschossen werden konnten.“
„Auf dem Catwalk verlor ich meinen OHRRING. Dann sah ich die KÖNIGIN im Publikum und vergaß alles um mich herum. Ein UNVERGESSLICHER Moment“
Ihr Eifer für die Kampagne zeugt von ihrem unnachgiebigen Ehrgeiz und einer hohen Arbeitsmoral, bereits in der Schule waren ihr gute Noten besonders wichtig. Schließlich bekam sie die Chance, mit dem Stylisten Joe McKenna zusammenzuarbeiten, doch nur unter der Voraussetzung, ihren Schulabschluss machen zu können, nahm sie das Angebot an. „Meine Ausbildung hatte stets oberste Priorität“, betont sie. McKenna ist ein Freund ihrer Mutter und entdeckte Campbell, als er ein Foto von ihr am Kühlschrank kleben sah. Nach ihren Abschlussprüfungen hatte sie ihr erstes Fotoshooting für die britische Vogue in Montauk, für das McKenna das Styling übernahm. „Es war eine regelrecht surreale Erfahrung. Mir war nicht klar, wie viel Glück ich hatte und worauf ich mich einließ. Die Fotostrecke zog sich über 20 Seiten. Es war großartig!“
Kurz darauf unterzeichnete Campbell bei Viva London und bekam einen Zweijahresvertrag mit Louis Vuitton unter der Leitung von Nicolas Ghesquière angeboten. Die F/S15-Show des Labels bleibt ihr bis heute in lebhafter Erinnerung, als sie zwischen digitalen Avataren und Lasern über den Laufsteg lief. Ebenso unvergesslich war die H/W18-Show des britischen Designers Richard Quinn, bei der auch Königin Elisabeth II anwesend war. „Backstage gab es das Gerücht, dass jemand aus der königlichen Familie dort sein würde, und dass es vielleicht die Königin selbst sei“, erinnert sich Campbell an dieses Runway-Highlight. „Auf dem Catwalk verlor ich direkt meinen Ohrring. Dann sah ich die Königin und ich vergaß alles um mich herum. Diesen Moment werde ich nie vergessen und auf ewig zu schätzen wissen.“
„Man sollte stets die CHANCE ergreifen, aus jedem TAG das BESTE zu machen“
Für unser Interview trägt Campbell eine lässige Jeansjacke in dunkler Waschung über einem schwarzen Seidentop. An ihrem Hals funkeln gleich mehrere Goldketten in verschiedenen Längen, während die natürlich blonden Haare glatt über die Schultern fallen und ihre feinen Gesichtszüge umschmeicheln. Als älteste von vier Geschwistern ist sie in der Nähe von Nairn in Schottland aufgewachsen, bevor die Familie später nach London zog, als Campbell gerade acht Jahre alt war. Ihre Kindheit beschreibt sie als wohlbehütet: „Meine Heimat in Schottland liegt buchstäblich mitten im Nirgendwo. Dort gibt es keinen Telefonempfang und kein Internet. Man lebt völlig verlassen mitten in der Wildnis. Wir sind im Einklang mit der Natur aufgewachsen und haben die meiste Zeit draußen gespielt.“
Nachdem sie ihren Schulabschluss in der Tasche hatte, fasste Campbell schließlich Fuß in der Modelbranche. Mit ihrem außergewöhnlichen Look zog sie Coverstories für Indie-Magazine wie Dazed & Confused und i-D an Land, gleichzeitig lief sie auf dem Laufsteg für Couture-Labels wie Valentino. Mit 19 Jahren zog es sie nach New York: „Ich wohnte alleine im Stadtteil Nolita in einem kleinen Studio-Apartment“, erinnert sie sich. „In Manhattan steht man ständig unter Strom. Die Energie reißt einen förmlich mit, das ist so faszinierend an New York.“ Campbell machte sich schnell beliebt und sicherte sich große Kampagnen für Ralph Lauren und Carolina Herrera. Zudem wurde sie das Gesicht für Narciso Rodriguez’ neuen Duft „Her“ und war regelmäßig auf dem Laufsteg für Fendi, Alexander McQueen, Miu Miu und Isabel Marant zu sehen.
Sie erinnert sich lebhaft an einige ihrer Karriere-Highlights, darunter eine Reise nach Jaipur mit der Moderedakteurin Sara Moonves und dem Fotografen Ryan McGinley. „Dort ist es einfach wunderschön. Wir waren beeindruckt vom Anblick der Tempel, die wir unter anderen Umständen nicht hätten besuchen können.“ Jüngst reiste sie nach Montana, um dort für die H/W19-Kampagne von Miu Miu mit dem Fotografen Eddie Wrey und Art Director Katie Grand zusammenzuarbeiten. „Die Produktionen von Grand sind immer ziemlich außergewöhnlich, aber dieses Mal war es besonders aufregend. Bei unserer Unterkunft handelte es sich um eine Ranch, wo jeder seine eigene kleine Holzhütte bewohnte. Ich habe mir meine mit Adut Akech (ebenfalls Model) geteilt. Es hat wirklich Spaß gemacht, während der Arbeit eine Pause am Flussufer machen zu können, um die Sonne zu genießen. Zudem ist es unglaublich inspirierend, von so vielen interessanten, kreativen und talentierten Persönlichkeiten umgeben zu sein.“
„Wenn die Bevölkerung das Ausmaß des KLIMAWANDELS anerkennt und sich stark macht, müssen sowohl REGIERUNG als auch Medien das Problem ERNST nehmen“
Nach zwei Jahren entschied sie sich, nach London zurückzukehren. Dort kaufte sie eine Wohnung und nahm sich eine Auszeit, um sich Gedanken über ihre Zukunft machen zu können. „Vom Leben in New York habe ich gelernt, wie wichtig es ist, seine Zeit sinnvoll zu nutzen. Wenn man viel zu tun hat oder ständig unterwegs ist, möchte man sich in der Freizeit am liebsten ausruhen. Dabei sollte man die Chance ergreifen, aus jedem Tag das Beste herauszuholen“, sagt sie. Gerade plant sie, neben dem Modeln einen Onlinekurs in Betriebswirtschaft zu absolvieren. „Den Geist zu trainieren ist wichtig“, sagt sie. „Den Immobilienkauf wollte ich unbedingt mit etwas anderem verbinden, das habe ich für mich entschieden.“
Wann immer es geht, verbringt sie ihre Freizeit in ihrer geliebten Heimat. „In Schottland fühle ich mich am wohlsten. Die Umgebung dort strahlt eine unglaubliche Ruhe aus.“ Seite an Seite mit dem Familienhund wuchs Campbell inmitten der Natur auf. Seit ihrem 11. Lebensjahr ist sie Vegetarierin. Heute setzt sie sich leidenschaftlich für den Tierschutz ein und nutz ihren Instagram-Account als Sprachrohr, um ein Bewusstsein für Elefantenwilderei und den Schutz unseres Planeten zu schaffen. „Ich war schon als Kind sehr tierverbunden, also wollte ich sie nicht essen. Mittlerweile würde ich auch aus Umweltschutzgründen auf Fleisch verzichten“, erklärt sie. „Wir müssen auf jede erdenkliche Weise auf den Klimawandel aufmerksam machen. Wenn die Menschen das Ausmaß des Problems erkennen und sich stark machen, müssen sowohl Regierung als auch Medien den Konflikt ernst nehmen. Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, um eine entsprechende Reaktion derer zu bewirken, die am langen Hebel sitzen. Nur so wird sich etwas verändern.“
Die in diesem Artikel dargestellten Personen stehen nicht in Verbindung mit NET-A-PORTER und unterstützen weder die Inhalte noch die gezeigten Produkte.