Zoës Welt
mit
Zoë Kravitz
Sie mag einen berühmten Namen besitzen, aber ZOË KRAVITZ hat sich ihre Hollywood-Karriere alleine erarbeitet – zum Trotz archaischer Ansichten so mancher Casting-Regisseure. Der Star aus Big Little Lies gibt JANE MULKERRINS Einblicke in ihr Leben
Hollywood ist nicht gerade bekannt dafür, Bescheidenheit und Geduld zu honorieren, aber in Zoë Kravitzs Fall haben sich diese Tugenden durchaus ausgezahlt. Ein Jahrzehnt verfeinerte sie in Nebenrollen ihre Fähigkeiten und nun spielt die 28-jährige Schauspielerin in der ganz großen Liga. Nach dem riesigen Erfolg von Big Little Lies, der jüngsten HBO-Show, in der sie Bonnie spielte – die Yogalehrerin und jüngere Zweitfrau von Reese Witherspoons Ex-Mann – hat sie eine Fülle prominenter Filmrollen in der Pipeline. Unter anderem die Komödie Girls’ Night Out, in der sie neben Scarlett Johansson spielt und den mystischen Thriller Gemini mit Lola Kirke. Plus: Im nächsten Monat startet die zweite Blockbuster-Verfilmung von J.K. Rowlings Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind. Aber selbst diesem neuen Hype um ihre Person begegnet sie mit Demut. „Ich habe mir sicherlich meinen Weg erarbeitet“, sagt sie. „Aber ich warte immer noch auf die Rollen meines Lebens und arbeite weiter an meiner Schauspielkunst. Alles wird im richtigen Moment passieren; ich nehme mir die Zeit.“
Entgegen Ihrer Zurückhaltung ist Kravitz wohl schon bald so bekannt wie ihre außerordentlich berühmten Eltern – die Musiklegende Lenny Kravitz und Lisa Bonet, Star der 80er-Jahre-Sitcom Die Bill Cosby Show. Ganz im Showbiz-Stil ließ sich das Paar an Bonets 20. Geburtstag in Las Vegas trauen und ein Jahr später kam Zoë auf die Welt; an ihrem fünften Geburtstag waren die beiden bereits getrennt.
„Es tut gut zu sehen, dass sich Frauen auch [schlecht] benehmen. Wir sitzen nicht nur zu HAUSE rum, warten auf unsere MÄNNER und tragen unser Make-up auf – auch bei UNS kann es wild zugehen“
Als wir uns zum Mittagessen in New Yorks Williamsburg treffen, erscheint Kravitz fast vollständig verhüllt in einem schwarzen Mantel mit einer riesigen, runden Sonnenbrille und einem hochgezogenen, schwarzen Hoodie. Sie lässt ihre Kapuze fallen, um mich zu begrüßen und enthüllt ihren neu erworbenen, blond gebleichten Pixie. „Die Leute haben sich noch nicht daran gewöhnt und somit habe ich ein bisschen mehr Anonymität“, lächelt sie.
Ihren rasend schnellen Ruhm hat sie zum Teil auch ihrer Rolle in Big Little Lies zu verdanken. Die Reaktion auf die Serie war für alle Beteiligten überwältigend, selbst für ihre Co-Stars, Film-Veteraninnen Reese Witherspoon, Nicole Kidman, Laura Dern und Shailene Woodley. „Ich traf Reese vor Kurzem zum Abendessen und wir waren beide völlig ungläubig“ schwärmt Kravitz. „Wir fühlten uns alle so, als würden wir etwas Besonderes erschaffen, aber man weiß ja nie wirklich…“
Girls’ Night Out schlägt wahrhaft neue Töne an: die anarchische, chaotische, weibliche Antwort auf Hangover, bei der fünf alte Freundinnen für einen Junggesellinnenabschied nach Miami fahren und dieser mit Alkohol, Strippern und einem ungewollten Totschlag endet. „Es tut gut zu sehen, dass sich Frauen auch so verhalten“, sagt Kravitz. „Wir sitzen nicht nur zu Hause rum, warten auf unsere Männer und tragen unser Make-up auf – auch bei uns kann es wild zugehen.“
Neben Kate McKinnon von der Comedy-Show Saturday Night Live und Broad Citys Ilana Glazer spielt Kravitz die vornehme Blair. „Es hat mir so viel Spaß gemacht eine konservative, reiche Zicke zu spielen, die einen Bob trägt, mit richtig netten Kleidern und Heels“, strahlt sie. „Blair ist mir überhaupt nicht ähnlich und normalerweise werde ich für ganz andere Rollen gecastet.“
„Wenn mein NAME bei Castings auftaucht, ist mit SICHERHEIT auch meine HAUTFARBE ein Thema“
Castings waren für Kravitz schon immer ein herausforderndes Thema. Der Schauspielerin, deren Eltern sowohl afro-amerikanisch als auch jüdisch sind, wurde einmal gesagt, sie könne nicht für eine kleine Rolle in einem Superhelden-Blockbuster vorsprechen, weil die Regisseure keine „urbane“ Besetzung vor Augen hätten. „Ich bin mir sicher, dass das auch jetzt noch passieren würde“, sagt sie sachlich. „Wenn mein Name bei Castings auftaucht, ist mit Sicherheit auch meine Hautfarbe ein Thema. Ich habe gerade ein Skript gelesen und ein Darsteller wurde als dunkelhäutig beschrieben. Als ich schließlich mit den Regisseuren sprach, sagten sie, ich solle die Frau dieses Kerls spielen. Das immer noch die Ansicht besteht, dass die dunkelhäutige Frau mit dem dunkelhäutigen Kerl verheiratet sein muss, ist doch verrückt und so kleingeistig.“
„Wenn sowohl Ihr Vater als auch Ihre Mutter so COOL sind, aber Sie sind es nicht… Ich denke, dass ich daher diesen GEDANKEN habe, nicht wirklich cool zu sein – das hat sich bei mir FESTGESETZT“
Nachdem sie in LA bei ihrer Mutter aufwuchs – umgeben von Stars wie ihrer Patin Marisa Tomei und ihrer „großen Schwester“ Alicia Keys – zog Kravitz im Alter von 11 nach Miami, um bei ihrem Vater zu leben. Hatte das nicht eine destabilisierende Wirkung? „Oh, total. Es war ein Chaos“, stimmt sie bereitwillig zu. „Und ich habe da nicht wirklich hineingepasst, bei all den heißen blonden, vollbusigen Mädchen, mit Handtaschen von Louis Vuitton und Handys und ich war dieses Mischlingsmädchen mit dem verrückten, krausen Haar, das keinen Anschluss finden konnte.“ Ihr berühmter Nachname verhalf ihr auch nicht zu Coolness, sondern hatte genau den gegenteiligen Effekt. „Wenn sowohl Ihr Vater als auch Ihre Mutter so cool sind, aber Sie sind es nicht…“, sagt sie „Ich denke, dass ich daher diesen Gedanken habe, nicht wirklich cool zu sein – das hat sich bei mir festgesetzt.“
Während dieser Zeit in Miami war ihr Vater kurz mit Nicole Kidman verlobt, eine Tatsache, die erst Anfang dieses Jahres in Kidmans Interview mit PorterEdit zu Tage kam. „Ich glaube, sie hatte schlichtweg vergessen, dass das niemand wusste“, lacht Kravitz. „Ich hatte sie vor den Dreharbeiten zu Big Little Lies lange nicht mehr gesehen, aber für eine Weile lebten wir alle zusammen. Ich war ungefähr 13 und sie nahm mich mit zu Filmen und war so nett zu mir.“
Mit 15 zog Kravitz nach New York, besuchte dort die Schule und ergatterte ihre ersten Filmrollen, wie Ein Rezept zum Verlieben oder als Teenager-Prostituierte im Action-Thriller Die Fremde in Dir. Offiziell lebte sie bei Verwandten, „aber eigentlich habe ich seit ich 17 war alleine gewohnt. Und es waren auch ziemlich wilde Zeiten“, gesteht sie mit einem Grinsen. „Ich hatte viele ältere Freunde und kam so in die Clubs. Ich habe mich sehr früh schon ausgetobt; jetzt bleibe ich einfach zu Hause und schaue Netflix,“ lacht sie.
Sie wohnt nun gemeinsam mit ihrem Verlobten, dem Schauspieler Karl Glusman, 29, in Brooklyn. Kravitz kommt schon bei der bloßen Erwähnung seines Namens ins Schwärmen. „Wir sind glücklich, er ist wunderbar“, grinst sie. Sie lernten sich dank gemeinsamer Freunde in einer Bar kennen. „Und das war es! Wir haben uns einfach nicht mehr getrennt.“
„Ich will nicht, dass es [auf Social Media] NUR Fotos von mir mit PERFEKTEM Haar und Make-up gibt. Es ist wichtig, dass die Leute wissen, dass ich NICHT so aufgewacht bin“
Dank ihres unverwechselbaren Stils avancierte Kravitz zum Liebling der Fashionbranche. „Mode ist ein weiteres Mittel, sich auszudrücken. Es ist die äußere Darstellung dessen, was in meinem Inneren vor sich geht“, erklärt sie. Ihre heutige Außendarstellung beinhaltet eine weitgeschnittene Hose, silberfarbene Stiefel von Saint Laurent und einen Mantel von Alexander Wang. Sie und der Designer trafen sich vor fast einem Jahrzehnt und wurden schnell Freunde. „Ich liebe ihn. Und ich liebe seine Kleidung – die perfekte Basis einer sehr guten Beziehung,“ lacht sie. Weitere Lieblingslabels sind The Row, Saint Laurent und Oscar de la Renta; in diesem Outfit verzauberte sie auf der diesjährigen Met Gala in New York.
Aber Kravitz, die in ihrer Jugend und einem Teil ihrer Zwanziger mit Essstörungen kämpfte, behält sich eine gesunde Ambivalenz angesichts ihres Erscheinungsbildes bei – vor allem auf Social Media. „Ich will nicht, dass es nur Fotos von mir mit perfektem Haar und Make-up gibt“, sagt sie. „Es ist wichtig, dass die Leute wissen, dass ich nicht so aufgewacht bin.“
Sie nimmt sich auch die Zeit für Gigs und Studioaufnahmen mit ihrer Band Lolawolf. Der Bandname setzt sich aus den Namen ihrer beiden jüngeren Halbgeschwister Lola, 9, und Wolf, 8, zusammen – die Kinder ihrer Mutter mit ihrem Stiefvater Jason Momoa, Schauspieler aus Game of Thrones. „Ich wollte immer Geschwister haben und ich bin total besessen von ihnen“, strahlt sie. „Aber ich habe dennoch das Einzelkind-Syndrom. Ich kommandiere gerne rum.“ Ein Attribut, das ihr sicherlich bei ihrem nächsten Karriereziel zugutekommen wird. „Ich möchte wirklich gerne Regie führen; ich glaube, ich wäre ganz gut darin,“ sagt sie in aller Bescheidenheit; und eine prahlende Zoë Kravitz kann man sich auch nur schwer vorstellen.
Die 2. Staffel von Big Little Lies erscheint am 9. Juni auf HBO
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