Die Macherin
mit
Elizabeth Banks

Als facettenreiches Multitalent hat sich ELIZABETH BANKS spätestens seit ihrem rekordverdächtigen Regie-Debüt Pitch Perfect 2 und in der Rolle der exzentrischen Effie Trinket im Mega-Blockbuster Die Tribute von Panem an die Spitze der Hollywood-Elite katapultiert. Für die Neuverfilmung von 3 Engel für Charlie agiert die tatkräftige US-Amerikanerin als Autorin, Regisseurin, Produzentin und Schauspielerin und nimmt im Gespräch mit JANE MULKERRINS kein Blatt vor den Mund…
Elizabeth Banks gehört nicht zu den Menschen, die gerne ausgedehnte Bäder nehmen. Die Schauspielerin, Produzentin und Regisseurin hat jüngst ihr neues Zuhause im Stadtteil Sherman Oaks in Los Angeles renoviert. „Alle haben auf mich eingeredet: ‚Du brauchst unbedingt eine Badewanne, ohne geht es nicht.‘“ Sie schüttelt mit dem Kopf und seufzt. „Und obwohl ich sie vermutlich nie nutzen werde, habe ich letztendlich eine Wanne einbauen lassen.“
Sogar ohne den Einblick in ihre Einrichtungspläne hätte ich ahnen können, dass die 45-Jährige nicht dem klassischen Bade-Typ entspricht. „Ich bin sehr praktisch veranlagt und es gibt nichts Unpraktischeres als baden zu gehen“, verrät Banks über sich selbst.
Die berühmte Schauspielerin blickt bereits auf eine herausragende Karriere zurück. Zu den Höhepunkten gehören ihre Rollen als penibelst frisierte Effie Trinket in Die Tribute von Panem, Laura Bush in Oliver Stones W. – Ein missverstandenes Leben und die der Talkshow-Moderatorin Avery Jessup in der Fernsehserie 30 Rock. Hinzukommt ihre jahrelange Erfahrung hinter der Kamera. Sie produzierte nicht nur die Filmkomödie Pitch Perfect, sondern übernahm darin auch eine der Hauptrollen. In der Rolle der Gail Abernathy-McKadden überzeugte sie als eine heimtückische A-Capella-Kommentatorin, schließlich entpuppte sich der Film 2012 zum großen, überraschenden Kino-Kassenschlager. Drei Jahre später führte sie Regie bei Pitch Perfect 2, allein am Eröffnungswochenende spielte die Fortsetzung 69 Millionen US-Dollar ein: Ein neuer Rekord für ein Regiedebüt. Bis heute ist es die erfolgreichste Musikkomödie aller Zeiten.
Mit der Neuverfilmung von 3 Engel für Charlie hat sich Banks vorgenommen, an frühere Erfolge anzuknüpfen. Dafür hat sie nicht nur das Drehbuch geschrieben, sondern auch die Produktion, Regie und eine Rolle in dem Film übernommen. „Meiner Meinung nach war es ein cleverer Schachzug, das Bestehende mit meiner Passion zu verbinden“, fährt sie fort. „Ich bin ein ziemlich pragmatischer Mensch. Entweder man fügt sich dem System oder man lehnt es ab. Als Künstlerin habe ich meine persönlichen Schutzengel., ich arbeite für jemand anderen und muss dessen Vorstellungen und Richtlinien berücksichtigen.“
„Als Drehbuchautorin, REGISSEURIN, Produzentin und Schauspielerin für ein und denselben Film setze ich ein SELBSTSICHERES Statement. Vielen FRAUEN ist so eine Möglichkeit nach wie vor vorenthalten“
An diesem Montagmorgen im Nobelrestaurant eines Luxushotels in Manhattan steht Banks die Anspannung jedoch ins Gesicht geschrieben. Sie gibt zu, dass ihr die möglichen Reaktionen der Zuschauer ein wenig Angst bereiten. „Als Drehbuchautorin, Regisseurin, Produzentin und Schauspielerin für ein und denselben Film setze ich ein selbstsicheres Statement. Vielen Frauen ist so eine Möglichkeit nach wie vor vorenthalten“, bemerkt sie. „Also nehme ich an, dass es irgendwann einmal einen Rückschlag geben wird.“
Die US-Amerikanerin ist mit den Wiederholungen der Original-Fernsehserie aus den 1970er-Jahren mit Farrah Fawcett aufgewachsen. „Meine Mutter war stets berufstätig und so hatte ich mir meine eigene Zukunft auch immer vorgestellt. Erfolgreiche Frauen in Männerberufen hatte ich bis dato allerdings noch nie gesehen.“
Ihre Version von 3 Engel für Charlie glänzt mit echten Power-Frauen wie Kristen Stewart, Naomi Scott (die jüngst als Jasmin in Guy Ritchies Aladdin zu sehen war) und der 23-jährigen britischen Newcomerin Ella Balinska in den Hauptrollen. „Dem Studio und meinen Mitarbeitern gegenüber habe ich deutlich gemacht, dass in meinem Film starke Frauen in Berufen im Fokus stehen sollen, nicht etwa der Freund, nach dem sich die Frauen sehnen oder die Mutter, die sie zu selten anrufen, oder die Katze, die sie nicht gefüttert haben. Das ist lächerliches Beiwerk für Filme, die Frauen reglerecht als Trophäen darstellen. Schließlich sieht man James Bond auch nicht, wie er sich Sorgen um seine Familie macht.“
Die vielen Facetten der Geschichte entsprechen dem Zeitgeist. Aktuelle Themen wie etwa Whistleblowing, Mansplaining und Frauen, die gute Miene zum bösen Spiel machen sollen sind Teil der Story, während Banks betont, dass es ihr nie um die Vertretung eines politischen Standpunkts ging. „Meine Arbeit dient nicht dazu, jungen Frauen die Regeln des Feminismus zu erklären. Stattdessen will ich sie zu einer positiven Zukunft ermutigen, in der Frauen einen festen Platz in der Filmindustrie genießen. Das ist immer noch nicht selbstverständlich, insbesondere im Action-Genre.“
Mal ganz abgesehen von ihren Beweggründe, zeugt allein die Besetzung von einer Art Rebellion: Kirsten Stewart in der Rolle der Sabrina, der wilde und chaotischste Engel mit einem ausgeprägten Hang zur Komik. Die Schauspielerin übernahm sogar die meisten ihrer Stunts selbst. Dennoch gleicht Banks´ Besetzung einer Überraschung: „Es war für Kirsten eine Gelegenheit, ihr Image in Hollywood zu ändern und dabei wollte ich ihr mit allen Mitteln behilflich sein“, sagt Banks über den 29-jährigen Twilight-Star. „Als Produzentin drehe ich ständig Filme mit Frauen in Hauptrollen. Sie stand nicht auf der Liste der potentiellen Stars und meiner Meinung nach musste das geändert werden.“ Daraufhin frage ich Banks, warum Stewart weitgehend vernachlässigt wurde. Sie erzählt, dass Sexismus und Frauenfeindlichkeit in Hollywood nach wie vor ein Problem seien. Die Branche hat also noch einiges vor sich, was den Umgang mit Frauen angeht.
„Ich MUSSTE mich gegen dieses SYSTEM durchsetzen, um meine ZIELE zu erreichen“
Banks wuchs in Pittsfield in Massachusets als ältestes von vier Kindern auf. Ihre Mutter arbeitete in einer Bank, ihr Vater in einer Fabrik. Sie selbst begann im Alter von 12 Jahren zu jobben, zuerst an der Rezeption des katholischen Jugendzentrums, dann in den Parks und Grünanlagen der Stadt sowie später in einer Pizzeria und Frühstückspension. „Ich verdiene mir gerne mein eigenes Geld“, sagt sie trocken. Die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen in der Filmbranche weiterhin. Banks findet, dass „Frauen genauso Anspruch auf eine gerechte Bezahlung haben wie Männer.“ Passend dazu ist sie im nächsten Jahr neben Cate Blanchett und Sarah Paulson in der Miniserie Mrs. America zu sehen. Die Produktion des US-amerikanischen Pay-TV-Kabelsenders FX erzählt die Geschichte des Kampfes um die Ratifikation des Equal Rights Amendment (ERA) in den 1970er-Jahren. Banks spielt darin Jill Ruckelshaus, eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses und Feminismus-Aktivistin.
Nach ihrem Abschluss am American Conservatory Theatre in San Francisco musste Banks nie um Arbeit ringen. Zunächst handelte es sich jedoch hauptsächlich um Jobs in Werbespots. „Wie es scheint, bin ich typisch amerikanisch“, witzelt sie, umfasst ihr Gesicht mit den Händen und grinst. „Ich habe viele Whoppers verkauft.“ Sie hatte zudem Auftritte in Law & Order, spielte eine Bekannte von Charlotte in Sex and the City und erlangte Bekanntheit durch Komödien wie Jungfrau (40), männlich, sucht… und Zack and Miri Make A Porno hoch.
Obwohl sie sich kaum um Jobs bemühen musste, stieg sie die Karriereleiter nur langsam hinauf. „Ich zog Vergleiche zwischen mir und meinen männlichen Kollegen (wie zum Beispiel Paul Rudd, ihr Co-Star in Wet Hot American Summer im Jahr 2001 und Bradley Cooper), die Superhelden verkörperten und Millionen von Dollar verdienten. Entweder war ich nicht gut genug oder das System arbeitete gegen mich, was bedeutet, dass ihnen viel mehr Türen offenstanden.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Ich musste mich dagegen durchsetzen, um meine Ziele zu erreichen.“ Mit ihrem Mann Max Handelman gründete sie schließlich eine Produktionsfirma. „Als ich anfing zu produzieren, fragten alle: ‚Wer? Die blonde Schauspielerin mit den kleinen Brüsten? Sie will arbeiten? Und ihr Mann? Na dann, viel Glück!‘“ Dass ihre Fähigkeiten derart unterschätzt wurden, sei nur zu ihrem Vorteil gewesen.
„Ich verdiene gerne mein eigenes GELD und FRAUEN haben genauso Anspruch auf eine GERECHTE Bezahlung wie MÄNNER“
Ihre beiden Söhne Felix (8) und Magnus (7) wurden von einer Leihmutter geboren. Grund dafür war Banks’ „kaputter Bauch“ (sie kann keine Kinder bekommen), über den sie immer offen geredet hat. Bis vor kurzem sagte sie, dass man „über die Unempfänglichkeit von Frauen nur in kleinen Kreisen hinter verschlossenen Türen sprach.“ Mittlerweile „existieren #Shout YourAbortion und IVF-Gruppen auf Facebook.“ Sie hält inne. „Trotzdem denke ich, dass ich weiterhin verurteilt werde und dass die Leute meine Entscheidung nicht verstehen. Aber ich bin niemandem eine Erklärung schuldig. Wenn meine Geschichte dazu beiträgt, dass sich andere Menschen weniger alleine mit ihren Problemen fühlen, bin ich dafür dankbar.“
Sie und Handelmann haben sich am ersten Tag auf dem College kennengelernt und sind seitdem ein Paar. „Siebenundzwanzig Jahre. Darauf bin ich sehr stolz“, sagt sie strahlend. „Ich glaube, Menschen können miteinander wachsen oder sie leben sich auseinander. Wir mussten ständig Entscheidungen für uns treffen, sodass wir uns gemeinsam weiterentwickelt haben.“ Handelmann war in der Finanzbranche an der Wall Street tätig, bis er dank Banks „in die Filmbranche wechselte. Er arbeitete eine 80-Stunden-Woche und ich war die ganze Zeit unterwegs. Mein Job verlangt, dass ich bis zu sechs Monate im Jahr vor Ort filme. Bei der Gründung des Unternehmens ging es darum, berufliche und private Ziele miteinander zu vereinen.“
Sie gibt zu, sie sind „ein wenig traditionell, wenn es um die Ehe geht. „Vielleicht heiraten viele mit dem Gedanken, sich einfach wieder scheiden zu lassen, wenn es nicht funktioniert. Aber so bin ich nicht. Man hat sich zu etwas verspflichtet und wird schlechte Zeiten erleben. Die Frage ist, weiß man das zu schätzen oder eben nicht?“
„Ich denke, ich werde nach wie vor VERURTEILT und MISSVERSTANDEN werde… Aber ich bin NIEMANDEM eine Erklärung schuldig“
Sowohl ihre beruflichen als auch privaten Entscheidungen treiben die notwendige Diskussion um ein grundlegendes Gesellschaftsthema weiter voran. Das gilt auch für die von ihr auf den Memoiren von Lindy West produzierte Comedy-Serie Shrill. Die zweite Staffel soll Anfang nächsten Jahres erscheinen. Aidy Bryant von Saturday Night Live schlüpft in die Rolle der Protagonistin Annie, die sich selbst als fett bezeichnet. Die Show wurde aufgrund der Darstellung einer übergewichtigen Frau ohne Angst oder Scham über ihren Körper als radikal tituliert. Es ist erfrischend zu sehen, dass Annies Geschichte sich nicht um ihr Gewicht, Körper oder Selbstbild dreht, sondern Themen wie Frustration im Job, Abtreibung und One-Night-Stands anspricht. Banks sagt, Staffel zwei sei noch umfangreicher. „Lolly (Adefope, die Annies Mitbewohnerin Fran spielt, eine schwarze, lesbische Fraue mit unersättlicher sexueller Lust) schmeißt in einer Folge eine Party, die sie „Franfest“ tauft. Dabei geht es darum, sich selbst zu zelebrieren und besser kennenzulernen, damit man für ein Miteinander bereit ist“, erklärt sie. Banks spricht aus Erfahrung. „Jede Handlung ist wohlüberlegt“, fügt sie hinzu. „Kleine versteckte Botschaften gibt es überall, umgeben von Humor.“
3 Engel für Charlie läuft derzeit in den USA und erscheint am 29. November in Großbritannien.
EXKLUSIV-VIDEO
Schauspielerin Elizabeth Banks stellt sich den brisanten Fragen von PORTER. Wie geht sie damit um, wenn man sie mit Chelsea Handler verwechselt? Oder wie überspielt sie einen Faux-Pas auf dem roten Teppich? Erfahren Sie mehr in unserem Video…
Elizabeth Banks steht nicht in Verbindung mit NET-A-PORTER und unterstützt weder die Inhalte noch die gezeigten Produkte.