Kultur

Greta Bellamacina findet Hoffnung im Hier und Jetzt

Dichterin, Filmemacherin und Schauspielerin GRETA BELLAMACINA erzählt uns, wie sie in der Quarantäne zumindest ein bisschen die Kontrolle behält und kleine Freuden im Alltag entdeckt – und warum man die Hoffnung nicht aufgeben soll

Lifestyle

Greta Bellamacina erzählt von ihrem Tagesablauf

Mit Lesen versuche ich meine Gedanken so gut wie möglich zu beruhigen. Normalerweise habe ich nicht genug Zeit, um ein Buch oder ein Skript wirklich zu verinnerlichen. Daher gefällt mir besonders, dass ich jetzt langsam und in Ruhe lesen, mir Notizen machen und Texte wirklich verarbeiten kann. Ich glaube, das hilft, um mit einem rationaleren Blick auf die Welt zu schauen.

Ich stelle ein Sammelalbum zusammen, um die Tage mit meinen zwei Kindern zu dokumentieren. Für mich ist das ein guter Weg, die Woche Revue passieren zu lassen und mich an die wichtigen Momente zu erinnern. Es ist eine Art unlogisches Tagebuch. Ich drehe die Nachrichten ab und recherchiere Dinge nur nach, wenn sie gerade in meinen Gedanken auftauchen – das hilft mir, etwas Kontrolle zu behalten.

Über Kreativität und die Änderungen, die der Lockdown mit sich bringt

Ich versuche mich nicht zu sehr zum Kreativ-Sein zu zwingen. Ich war aber inspiriert, Gedichte zu schreiben und habe damit viel Zeit verbracht. Die Welt um uns herum hat sich verändert. Das Vogelgezwitscher übertönt nun die Autos auf der Straße und die Vögel sprechen alle miteinander. Es ist, als ob die Welt uns dazu gezwungen hat, genauer auf das wirklich Wichtige zu achten.

Über die Art und Weise, wie sie im Alltag Freude findet

Ich gehe ein paar Mal die Woche sehr früh am Morgen zum alten Brompton Friedhof spazieren und freue mich über die kleinen Dinge: neue Frühlingsblumen, kleine Stücke Poesie, die überall um uns herum versteckt sind, weiße Tauben, Eichhörnchen und Kühe – kleine Erinnerungen an das Wunder der Erde. Ich liebe auch die Poesie- und Musik-Lesungen der Musikerin Lou Doillon, täglich live um 17.00 Uhr Pariser Zeit. Sie besitzt ein brillantes Wissen über Literatur, was mir immer gute Laune macht.

Über eine Neuausrichtung der kreativen Branchen

Der kürzlich erschienene Gedichtband Smear: Poems For Girls ist eine Sammlung von feministischen Gedichten. Wir haben noch nicht die Möglichkeit gehabt, eine richtige Buchpräsentation zu machen, doch wir haben uns entschlossen, eine virtuelle Live-Lesung im Stil von Allen Ginsbergs International Poetry Incarnation aus 1965 für alle Mitwirkenden und Fans zu geben. Das Erscheinungsdatum meines Films Hurt by Paradise musste auch nach hinten verschoben werden. Ich versuche so gut es geht, positiv in die Zukunft zu blicken und mit anderen kreativen Köpfen in Verbindung zu bleiben, um sich gegenseitig zu inspirieren und Ideen auszutauschen. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in einem Technologiezeitalter leben. Ich denke aber, viele kreativ Arbeitende sind jetzt sehr besorgt um ihre Branche.

Über die zusammenschweißende Macht der Kunst

Es gab nie eine wichtigere Zeit für die Kunst als jetzt. Wir müssen Menschen zusammenführen, die Wände der Isolation einreißen und Liebe und Güte zurück in die Welt bringen. Alleine sind wir niemand. Bei Poesie geht es um Freiheit. Darum, die Welt immer wieder mit neuen Augen zu sehen. Sie ist die ewige Sprache des Herzens und diese Sprache brauchen wir nun mehr denn je zuvor.

Smear: Poems For Girls im Verlag Andrews McMeel ist ab sofort erhältlich

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