Unverfälscht
mit
Kirsten Dunst

Am Abend der Erstausstrahlung der neuen Dark-Comedy-Fernsehserie On Becoming a God in Central Florida verrät KIRSTEN DUNST, wie sie ihre Rolle als frisch gebackene Mutter, Hauptdarstellerin und leitende Produzentin unter einen Hut bringt. Die Schauspielerin spricht mit CHRISTINE LENNON über ihren Seelenverwandten, Selbstvertrauen und warum sie ihre Zähne nicht korrigieren lässt
Für Kirsten Dunst gibt es nichts Langweiligeres als Eitelkeit. „Bei der Arbeit schaue ich nicht in den Spiegel und sehe darin Kirsten“, sagt die 37-Jährige über den Umgang mit verschiedenen Rollen. „Ich muss mich in den jeweiligen Charakter hineinversetzen. Wie ich dabei aussehe, ist mir egal.“
Ihre Entschlossenheit wurde mit ihrer Rolle in der Dark-Comedy jüngst auf eine harte Probe gestellt. Style wird zur Nebensache in On Becoming a God in Central Florida, ausgestrahlt durch den Fernsehkanal Showtime. Dunst ist nicht nur leitende Produzentin der Serie, sondern übernimmt auch die Rolle der Krystal Stubbs. Das Leben der mit Problemen behafteten jungen Mutter fällt in den 1990er-Jahren wie ein Kartenhaus zusammen. Ihre Filmgarderobe setzte sich aus verblichenen Jeansshorts und aufwendigen Details zusammen: „Ich musste sogar eine feste Zahnspange tragen“, sagt sie. „Und dann diese Haare.“ Sie meint damit die mit reichlich Haarspray behandelte blonde Mähne ihrer Serienfigur. „Man hat mich jeden Sonntag mit Selbstbräuner besprüht. Danach wurden meine falschen Nägel neu gemacht.“
„Es war der SCHWIERIGSTE Job meiner Karriere. Nach fünf MONATEN Mutterschaft war ich total ERSCHÖPFT und müde“
Heute kann sie darüber lachen, als wir uns zwischen einem Joghurt-Parfait und ihrem PorterEdit-Fotoshooting in Beverly Hills unterhalten. Sowieso lacht die Schauspielerin sehr viel. Am Set erscheint Sie mit nassen Haaren, makelloser Haut und dem für eine Mutter in Los Angeles typischen Outfit aus schwarzem Folklore-Top, Jeans und flachen Sandalen, was ihre unprätentiöse und lässige Art noch mehr zum Vorschein bringt. Entsprechend größer war die Herausforderung beim Dreh der neuen Serie in New Orleans, wo Dunst das Sagen hatte und jeden Abend fast 50 Seiten Skript rezitierte. Parallel kümmerte sie sich mit ihrem Schauspielkollegen Jesse Plemons um den gemeinsamen, einjährigen Sohn Ennis.
„In der zweiten Woche habe ich vor meiner Schwiegermutter losgeheult“, sagt Dunst über Plemons’ Mutter Lisa Beth, die sie am Set besuchte. „Es war der schwierigste Job meiner Karriere. Nach fünf Monaten als frisch gebackene Mutter war ich total erschöpft und müde. Am Abend nahm ich mir vom Catering ein Thunfisch-Sandwich mit, dass ich zuhause nach einem heißen Bad im Bett aß. Währenddessen las ich das Skript und lernte meinen Text für den nächsten Tag auswendig.“
„Ich habe mir viele für FRAUEN geschriebene TV-Skripte durchgelesen und wollte einfach nicht jeden Tag WEINEN. Diese Frau hat ihre ganz EIGENE Persönlichkeit“
Als George Clooneys Produktionsfirma Smoke House Pictures ihr das Drehbuch zum ersten Mal schickte, war klar, dass sie diese Rolle nicht ablehnen konnte. „Ich habe mir viele für Frauen gemachte TV-Skripte durchgelesen und wollte einfach nicht jeden Tag weinen. Verstehen Sie, was ich meine? Ich wollte meine Arbeit nicht darauf abzielen, den männlichen Charakteren unterlegen zu sein oder als Frau einzig auf die Handlungen der männlichen Rolle zu reagieren. Diese Frau hat ihre ganz eigene Persönlichkeit und zieht ihr Ding durch.“
Sie sah die Serie als eine Gelegenheit, sich ihre über 30 Jahre in der Produktion erworbene Expertise zunutze zu machen. Dafür holte sie sich Hilfe von vertrauten Freunden, darunter Melancholia-Kollege Alexander Skarsgård, den sie als „zum Schreien komischen Schweden“ bezeichnet. „Ich wollte mit Leuten zusammenarbeiten, die ich kenne. Ich fühlte mich verletzlich, so kurz nach der Geburt meines Kindes zum Job zurückzukehren.“ Als sie die Soulsängerin Beth Ditto in dem Film Don’t Worry, weglaufen geht nicht von Gus Van Sant sah, wollte sie ihr unbedingt eine Rolle in der Serie anbieten. „Bei der restlichen Besetzung dachte ich, wer spielt in den Filmen von Paul Thomas Anderson mit? Diese Leute brauchen wir!“ lacht sie. „Das ist mein Trick. Er ist der absolute Maßstab.“
Die Rolle der aufopfernden Mutter war ihr zudem nicht neu. Zu den Kindern am Set baute sie eine fast schon mütterliche Beziehung auf. „Auf emotionaler Ebene wusste ich ganz genau, was zu tun ist“, sagt sie.
Auch im privaten Leben hat Dunst gelernt auf ihre Intuition zu hören. Als sie Plemons kennenlernte, habe sie sofort gewusst, „er ist ein Seelenverwandter“. Berühmt wurde der Schauspieler durch seine Rolle in dem High School Fußballdrama Friday Night Lights und in der Dark-Comedy Fargo spielte sie bereits an seiner Seite. Die Fernsehserie brachte Dunst eine Emmy-Nominierung ein. „Er ist mein Lieblingsschauspieler, ich arbeite unglaublich gerne mit ihm“, sagt sie. „Ich wusste, dass er mich auf ewig begleiten wird. Damals war mir nicht bewusst, welches Ausmaß unsere Verbindung annehmen würde. Als die Serie vorbei war, habe ich ihn wirklich vermisst. Erst ein Jahr später trafen wir uns wieder und natürlich fragten wir uns beide, ob unsere Bindung nur auf die gemeinsame Arbeit zurückzuführen war. Aber nein, es war echt.”
Nach fast vier Jahren ist das Paar immer noch verlobt. „Aber wir leben jetzt schon wie ein altes Ehepaar“, erklärt Dunst. „Wir haben ein Kind zusammen. Meine Mutter fragte schon, wann wir endlich heiraten. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht hochschwanger vor den Traualtar schreiten möchte. Auf meiner eigenen Hochzeit will ich Spaß haben und etwas trinken dürfen. Schließlich bezahlen wir ja auch für die Feier und die Bar. Ich möchte es genießen können. Was das betrifft, ist meine Mutter sehr traditionell eingestellt. Meine Schwangerschaft kam ziemlich überraschend, ich selber hatte nicht geglaubt, dass es so schnell passieren würde. Wenn ich Jesse nicht kennengelernt hätte, hätte ich meine Eizellen einfrieren lassen. Zum Glück kam mir die Liebe zuvor.“
„Ich habe immer das getan, worauf ich LUST hatte. Ich wollte mit gleichaltrigen MÄDCHEN zu tun haben und meinen Kollegen vertrauen können. Ich ging auf ganz NORMALE Schulen“
Sowohl Plemons als auch Dunst begannen im Kindeslater mit der Schauspielerei. Als die Familie vor kurzem in Plemons’ Heimat nach Texas reiste, entdecke sie dort ein Foto, auf dem er als Cowboy verkleidet für eine eine Coca-Cola-Werbung das Lasso schwingt. Damals war er zwei Jahre alt. Dunst war als Kleinkind in Anzeigen für Pillsbury und Crayola zu sehen. Heute sind sie selbst Eltern, aber mit dem Leinwand-Debüt ihres Sohnes haben sie es keineswegs eilig. „Wenn das eigene Kind sehr süß ist, kann ich die Entscheidung nachvollziehen. Mit einer Werbeanzeige für Gap kann man das Geld fürs College verdienen. Mittlerweile verstehe ich die Zusammenhänge. Ennis ist absolut bezaubernd mit seinen zwei Grübchen. Er ist so ein fröhliches Baby, und ich verstehe, warum man ein Andenken an diese besondere Zeit möchte. Wahrscheinlich werden wir ihn aber dazu ermutigen, in der Schule am Theaterkurs teilzunehmen.“
Dunst bereut ihre professionelle Kindheit keineswegs. Zu ihrer Mutter Inez hat sie nach wie vor ein enges Verhältnis. Sie wohnt fußläufig von ihrem Haus im Tal entfernt, gleich hinter den Hügeln oberhalb von Los Angeles. Dank ihres deutschen Vaters besitzt die Schauspielerin die doppelte Staatsbürgerschaft. Ihre Eltern trennten sich, als sie und ihr Bruder Christian noch sehr jung waren, weshalb Inez ihre Tochter regelmäßig zur Arbeit mitnahm. Dunst wählte ihre Jobs so, dass sie Kontakte mit anderen jungen Schauspielerinnen knüpfen konnte, dazu zählen Projekte wie Little Women mit Winona Ryder oder Girls United mit Gabrielle Union. Zudem legt sie großen Wert auf eine Zusammenarbeit mit Regisseurinnen, wie Sofia Coppola für The Virgin Suicides und Marie Antoinette. „Ich habe das getan, worauf ich Lust hatte“, sagt sie. „Ich wollte mit gleichaltrigen Mädchen zu tun haben und meinen Kollegen vertrauen können. Ich ging auf ein ganz normale Schulen. Meine Mutter begleitete mich immer zum Set. Sie brachte meine Lieblings-Pasta und sorgte dafür, dass ich mich wohlfühlte.“
„Neben Prominenten aufzuwachsen hat den Vorteil, dass ich als Schauspielerin eine sehr gesunde Perspektive auf den Job bekommen habe“, fährt sie fort. Ich habe seit der Geburt kein einziges Mal trainiert. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sagen: Oh, ich muss meine Bauchmuskeln zurückbekommen“, sagt sie mit gewollt witzigem Tonfall. Meiner Meinung nach habe ich mir als Schauspielerin einen Namen gemacht. Ich verfüge über ein gesundes Maß an Eitelkeit, ohne davon negativ beeinflusst zu werden. Ich möchte anspruchsvolle Rollen finden und habe viele Vorbilder. Sehen Sie sich Patricia Arquette an.“
„Ich verfüge über ein GESUNDES Maß an EITELKEIT, ohne davon NEGATIV beeinflusst zu werden“
„Ich bin mit Menschen aufgewachsen, die mich POSITIV geprägt haben. Mit Sofia Coppola habe ich schon als Teenager zusammengearbeitet und sie sagte: ‚Man wird dir raten, deine ZÄHNE richten zu lassen, aber das hast du nicht nötig, du bist WUNDERSCHÖN‘“
Nach der Geburt ihres Sohnes entschied sich Dunst, ihren Postpartum-Babybauch zu akzeptieren – sie ist immer noch schlank wohlgemerkt – und machte Platz in ihrem Kleiderschrank. Sie weigert sich, sich von Abendkleidern in Sample Size einschüchtern zu lassen. „So wie ich jetzt aussehe, will ich mich in meiner Haut wohlfühlen. Es gab Zeiten, da dachte ich: Scheiße, ich passe in nichts mehr hinein. Damals habe ich Kleidung in meiner jetzigen Größe gekauft“, erzählt sie. „Es ist mir egal. Ich habe alles davon auf The RealReal verkauft. Da waren wirklich gute Sachen dabei.“
Ihr positives Selbstbild führt sie auf die frühe Beziehung zu Sofia Coppola zurück. „Ich bin unter gutem Einfluss aufgewachsen. Mit Sofia habe ich schon als Teenager zusammengearbeitet. Damals sagte sie: ‚Man wird dir dazu raten, deine Zähne richten zu lassen, aber das brauchst du nicht. Du bist wunderschön und hast es nicht nötig.‘ Als ich einige Jahre später für Spiderman vor der Kamera stand, empfahl man mir einen Termin beim Zahnarzt, und ich dachte nur so, tja, Sofia findet meine Zähne aber schön. Sie ist solch eine natürliche, elegante und feminine Regisseurin“, erinnert sie sich. „Wenn sie mich hübsch findet, bin ich es auch.“
Die Erstaustrahlung von On Becoming a God in Central Florida läuft am 25. August auf Showtime.
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