Stärke zeigen
mit
Angela Bassett

ANGELA BASSETT ist bekannt für ihre Darstellungen starker, leidenschaftlicher Frauen. Jetzt richtet sich die Schauspielerin mit ihrer Rolle als Ramonda an eine neue Generation. Mit JANE MULKERRINS spricht sie über Black Panther, den Glauben an sich selbst und weshalb das Alter nur eine Zahl ist
Als ANGELA BASSETT vor kurzem mit ihrer Familie – ihrem Mann und Schauspielkollegen Courtney B. Vance und den gemeinsamen 12-jährigen Zwillingssöhnen Slater und Bronwyn – die Insel St. Lucia bereiste, deutete ein siebenjähriger irischer Junge auf sie und sagte zu seinem Vater: „Papa, Papa, das ist die Königin!“
Für ihre bekanntesten Rollen wie Tina Turner in der Filmbiografie Tina - What’s Love Got to Do with It aus dem Jahr 1993 (der Film brachte ihr eine Oscar-Nominierung ein) sowie Stella Payne in Stellas Groove: Männer sind die halbe Miete kennen die meisten Teenager die 59-Jährige wahrscheinlich nicht. Dank des überraschenden Erfolgs von Black Panther, in dem sie die Königinmutter Ramonda spielt, hat Bassett nun aber eine Fangemeinde von Jugendlichen weltweit.
„Black Panther hat mir definitiv zu einem größeren Publikum verholfen“, entgegnet die Schauspielerin. „Die Zuschauer waren im Alter zwischen sechs und 86. Von Zeit zu Zeit gibt es einen Film, der die Branchenkultur vorantreibt, und Black Panther hat das geschafft. Einen dunkelhäutigen Superhelden und gleichzeitig starke dunkelhäutige weibliche Charaktere zu haben, ist besonders. Normalerweise gibt es nur Mütter von…, Liebhaber(innen) von…; sowohl kulturell als auch gesellschaftlich ist der Film sehr ansprechend und ich bin stolz darauf, ein Teil davon zu sein.“
Es ist ein heißer Frühlingsmorgen in New York und Bassett und ich frühstücken zusammen auf der 39. Etage mit einem malerischen Blick auf den nebelverhangenen Central Park. Um uns herum ist viel los und obwohl das Restaurant geräumig ist, hat es eine schreckliche Akustik. Bassett spricht sehr leise, sodass ich mich zu ihr herüberlehnen muss, um sie richtig zu verstehen.
„Der Film ist sowohl KULTURELL als auch gesellschaftlich ANSPRECHEND und ich bin STOLZ darauf, ein Teil davon zu sein“
Angesichts der Charaktere, die sie in Filmen verkörpert, darunter mächtige, bestimmende Frauen wie ihre aktuelle Rolle als Athena Grant im US-amerikanischen Fernsehdrama 9-1-1 und die der Erica Sloan, Direktorin der CIA in Mission: Impossible 6, werden sich manche über ihre Stimme wundern. Auch wird sie für ihren muskulösen Körper oft bis hin zur Fetischisierung bewundert.
Ins Rampenlicht rückte Bassett mit ihrer Rolle als Sängerin Tina Turner. „Die Leute sind mir sehr nahe gekommen. Manche packten mich einfach am Arm“, sagt sie und greift dabei an meinen Oberarm, der im Vergleich zu ihrem alles andere als muskulös ist. „Ich sagte: ‚Ich kenne Sie nicht.‘ Es war sehr aufdringlich. Heute ist es Gott sei Dank besser.“
Geblieben ist ihre Besessenheit von der ewigen Jugend. Eine Schlagzeile zum Kinostart von 9-1-1 las: „Angela Bassett zeigt uns, wie 59 aussehen kann“. „Ich schätze, das ist ein Luxusproblem“, sagt sie achselzuckend. „Aber es fällt einem nichts mehr ein, wenn jemand sagt: ‚Oh mein Gott, Sie sehen so gut aus!‘ Was wird denn erwartet? Dass man komplett ausgelaugt ist?“
„Es fällt einem einfach nichts mehr ein, wenn JEMAND sagt: ‚Oh mein Gott, Sie sehen mit 59 so GUT aus!‘ Was wird denn erwartet? Dass man KOMPLETT ausgelaugt ist?“
Bassett sieht für ihr Alter einfach unglaublich gut aus. Sie ist klein, durchtrainiert und trägt dunkle Jeans und ein schwarzes Stricktop. Die Struktur ihrer Knochen und großen Katzenaugen stechen heraus. Und trotz ihres straffen Trizepses, behauptet sie, es mit dem Training locker angehen zu lassen. „Meine Ernährung nehme ich jedoch sehr ernst“, sagt sie. „Eine routinierte Diät bestimmt mein Leben zu 85%.“
Heute Morgen bestellt sie Haferbrei mit Wasser. Wenn dieser serviert wird, kramt sie in ihrer Hermès-Tasche nach einem Plastikbeutel mit Süßstoffbeuteln. Auf Reisen hat sie immer ihre eigenen dabei.
Über ihr Workout möchte ich jedoch mehr erfahren. Es erscheint mir unmöglich, dass sie nicht trainiert. Sie gibt zu, einen Personal Trainer zu haben. Anders als auf Reisen, trainiert sie mit ihm zuhause in Los Angeles vier bis fünf Mal pro Woche. „Ich versuche, das Fitnessstudio im Hotel zu nutzen und mache dort ein 30-minütiges Cardio-Training oder hebe Gewichte. Aber ich stehe nicht um 4 Uhr morgens auf, um zu trainieren“, sagt sie mit einem entsetzten Blick.
„Mein MANN sagt immer, dass eine Scheidung keine Option sei. Und ich sage zu ihm: ‚VERFOLGE deine Träume, damit du MIR nie etwas vorhalten kannst“
Bassett wurde in Harlem, New York auf der anderen Seite des Central Park geboren. Ihre Eltern haben sich scheiden lassen als Angela und ihre Schwester noch klein waren. Danach zogen sie mit ihrer Mutter Betty in ihre Heimat Florida, wo sie zu dritt in einer Sozialwohnung lebten. Betty war Sozialarbeiterin und hatte „eine sehr theatralische Seite“, sagt Bassett. „Zuhause war sie durch und durch ein Drama“, sagt sie lachend und mimt dabei ihre Mutter mit den Worten: „Ich wollte schon immer gerne eine Mätresse sein.“
Sie hatten wenig Geld, aber Bassett besuchte nach der Schule eine Theaterklasse für „benachteiligte Jugendliche“ und nahm an Ausflügen teil. „Wir gingen ins Asolo, ein wunderschönes Theater in Sarasota, um uns Shakespeare anzusehen“, erinnert sie sich. „Es war einfach magisch; die Schauspieler auf der Bühne, die Sprache und die Poesie. Man weiß nie, welchen Weg ein Kind gehen wird und wohin die Inspiration einen verschlägt.“
Während einer Aufführung von John Steinbecks Von Mäusen und Menschen im The Kennedy Center in Washington, D.C. wurde Bassett im Alter von 15 Jahren klar, dass sie künftig professionell schauspielern möchte. „Ich glaube daran, dass die Dinge wahr werden, an die wir ganz fest glauben. Ansonsten gäbe es von Anfang an keine Hoffnung“, sagt sie weise.
Ihre Kinder wachsen heute unter ganz anderen Umständen auf als sie damals. „Und daran erinnere ich sie ständig“, lacht sie. „Sie haben keine Handys oder iPads. Sie haben einen Stift und Papier, so wie ich früher auch. Ich kann ihnen nicht alles geben, denn ich erlaube mir selbst auch nicht alles.“ Sie klingt nicht nach einer „Helikopter-Mutter“. Ihr Mann ist da anders. „Er hält sie an der kurzen Leine“, sagt sie. „Ich versuche meinen Kindern mehr Freiraum zu geben. Ich möchte, dass sie ausgehen, Dinge entdecken und lernen, wie man erwachsen handelt.“
Sie und Vance, der vor kurzem einen Emmy für seine Darstellung des Anwalts Johnnie Cochran in The People v. O. J. Simpson: American Crime Story gewann, sind seit 21 Jahren verheiratet. Sie müssen etwas richtig machen, kommentiere ich. „Na ja, er sagt immer, dass eine Scheidung keine Option sei.“ Bassett lacht. „Und ich sage zu ihm: ‚Verfolge deine Träume, damit du mir nie etwas vorhalten kannst.‘“
„Meine Kids haben keine HANDYS oder iPads. Ich kann ihnen nicht alles GEBEN, denn ich erlaube mir selbst auch nicht ALLES“
Als vor kurzem der Anruf zu Mission: Impossible 6 kam, fehlten ihr für einen Moment die Worte. „Ich sagte: ‚Was ist das?‘ Ich hätte nicht gedacht, dass man mich zum Mega-Franchise machen könne“, kichert sie. „Es war sieben Uhr morgens und ich hatte noch keinen Kaffee getrunken. Außerdem habe ich bis dahin noch nie jemanden wie mich in dieser Art von Filmen gesehen.“
Die Branche entwickelt sich nur langsam, räumt sie ein. Als sie vor 25 Jahren Turner spielte, war Bassett als schwarze Hauptdarstellerin in Hollywood nahezu konkurrenzlos. Bis heute hat sich die Situation kaum verändert. „Natürlich sind da Naomi Harris, Viola Davis, Taraji P. Henson und Halle Berry“, stimmt sie zu. Ebenso wie Lupita Nyong’o, Zoe Saldana, Kerry Washington, Thandie Newton, Octavia Spencer und eine Handvoll andere Personen.
„Es gibt mehr Rollen (für schwarze Schauspielerinnen), aber auch mehr Plattformen und Möglichkeiten für alle anderen“, sagt Bassett. „Beim genaueren Blick auf die Prozentzahlen ist also alles beim Alten. Es muss sich noch viel verändern.“
„Es gibt mehr ROLLEN (für schwarze Schauspielerinnen), aber auch für alle ANDEREN. Beim genaueren Blick auf die Zahlen ist also alles noch beim Alten. Es muss sich noch VIEL verändern“
Und doch, selbst angesichts der begrenzten Möglichkeiten, hat sich Bassett eine ungewöhnliche Integrität in ihrem Berufsfeld bewahrt. „Ich muss aufpassen, mich nicht vom Geld beeinflussen zu lassen“, sagt sie. „Ich kann mich nicht von einer Gage leiten lassen.“ Die Rolle in Monster’s Ball, die Halle Berry einen Oscar sicherte, lehnte sie ohne Reue ab. „Man kann nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen.“
Ihren nächsten Auftritt als Darstellerin und Produzentin hat Bassett in Otherhood, eine Adaption des Romans Whatever Makes You Happy von William Sutcliffe, an der Seite von Patricia Arquette. Sie trinkt den letzten Schluck ihres grünen Tees und entschuldigt sich. Sie hat ein Meeting bezüglich der Kostüme im Film.
Bevor ich mich Bassett anschließe, winkt mich eine Frau am Nebentisch zu sich herüber. „Entschuldigung, aber wer war das?“. Ich antworte ihr. „Angela Bassett“, sagt sie mit keuchender Stimme und weit offenen Augen. „Sie sieht unglaublich aus. Ich dachte, das wäre eine junge Newcomer-Sängerin.“
Mission: Impossible 6 kommt am 2. August 2018 in die deutschen Kinos
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