Die perfekte Welle
mit
Carolyn Murphy

Sie modelt seit über zwei Jahrzehnten und arbeitet für die besten Labels der Branche, doch CAROLYN MURPHY ruht sich auf ihrem Erfolg nicht aus. Die begeisterte Surferin erzählt EVE CLAXTON von ihrer fortwährenden Liebe zum Meer, dem Geheimnis ihrer Langlebigkeit und dem nächsten bittersüßen Kapitel ihres Lebens.
Supermodel Carolyn Murphy fährt einen Pick-up. Darin bewahrt sie ihren treuen Begleiter, das Surfbrett, und ihren Neoprenanzug von Patagonia aus Naturkautschuk und Wolle auf. Und obwohl nach unserem Fotoshooting das Wetter auf Long Island nicht gerade einladend ist – das Wasser ist so kalt, dass man seine Finger nicht spüren kann – ist Murphy entschlossen, eine Weile im Wasser herumzupaddeln, einfach aus Spaß an der Freude.
„Es ist, als würde man den Strand entlanggehen und tief durchatmen“, sagt die 43-Jährige ein paar Tage später in New York. „Die Sonne scheint und du spürst, wie sich deine Schultern senken… und du atmest lange aus. Glücklicherweise weiß ich, dass es genau das ist, was ich brauche. Und wenn ich surfe, kann ich alles um mich herum vergessen.“
Murphy, die 1993 als Teenager mit dem Modeln begann, stand zum ersten Mal auf dem Surfbrett, als sie 1997 mit ein paar Freundinnen nach Costa Rica reiste. Der Trip hinterließ Eindruck, denn Murphy beschloss, der hektischen Modewelt für einige Monate in Costa Rica zu entfliehen. „Ich war so verliebt in Costa Rica, so verliebt in das Meer“, erinnert sie sich. „Ich war einfach verliebt in das Gefühl, das ich erlebte; eine gesunde Umkehrung von dem, was ich beim Modeln machte.“
„Du läufst den Strand entlang und beginnst, TIEF durchzuatmen. Du spürst, wie sich deine Schultern senken… und du atmest LANGE aus. Wenn ich surfe, kann ich ALLES um mich herum vergessen“
Natürlich kehrte sie in die Welt der Mode zurück und wurde 2001 das Gesicht von Estée Lauder, aber das Surfen ist dennoch ihre Leidenschaft geblieben. Heute reitet sie auf den Wellen in der Nähe ihres Hauses in den Hamptons und macht regelmäßig Surftrips in ihr geliebtes Costa Rica. Ihre Tochter, Dylan Blue, aus ihrer kurzen Ehe mit dem Surfer Jake Schroeder, schließt sich ihr oft an. „Sie ist eher eine Reiterin und Pferdenärrin“, bemerkt Murphy. „Aber manchmal zieht sie mit ein paar anderen Kindern in die Wellen. Wir haben Familienfreunde, die gerne surfen und sich gegenseitig anspornen. Das ist das Tolle am Surfen, man wird Teil einer richtig engen Gruppe…“
Für Murphy, die am Meer aufgewachsen ist, ist das Leben in der Nähe eines Gewässers unabdingbar. „Ich wurde am Golf von Mexiko in einer Stadt namens Seaside geboren“, sagt sie. „Meine frühesten Erinnerungen sind daran, wie mein Onkel mich auf meinem Floß herumgezogen hat. Ich war vielleicht vier oder fünf.“ Als junges Mädchen nahm sie an Schwimmwettkämpfen teil und träumte nicht von Laufstegen, sondern davon, Meeresbiologin zu werden und sich mit Jacques Cousteau anzufreunden.
Während andere berühmte Namen ihr Interesse an philanthropischen Projekten gerne öffentlich bekunden, ist Murphy seit Jahren eine stiller Verfechterin der Ozeane und arbeitet für weniger bekannte Organisationen wie Waves for Water. „Der Ozean ist für uns und die Luft, die wir atmen, genauso wichtig wie der Wald“, erklärt sie. „Das muss man berücksichtigen, denn immerhin absorbiert der Ozean mehr als ein Viertel der CO2-Emissionen.“ Sie macht auf das Gebiet im Pazifischen Ozean zwischen Kalifornien und Hawaii aufmerksam, in dem sich über 80.000 Tonnen schwimmender Plastikmüll angesammelt haben. „Ich werde beim Gedanken an diese Meeresverschmutzung wirklich wütend“, sagt sie leidenschaftlich.
Wie man erwarten kann, ist sie schon seit Langem gewissenhaft darauf bedacht, sich von Plastik fernzuhalten. „Ich habe seit Jahren keine Plastikeinkaufstüte oder gar eine Papiertüte mehr benutzt; ich habe immer Leinenbeutel in meinem Auto“, sagt sie. „Ich verwende Beutel für frische Lebensmittel und größere Tragetaschen für andere Einkäufe – sie sind alle aus Leinen gefertigt.“ Sie benutzt außerdem Bambus-Zahnbürsten und ein altmodisches, wiederverwendbares Rasiermesser aus Edelstahl, das „ewig hält“. Kürzlich verfasste sie eine Nachricht an einen großen Toilettenpapierhersteller und bat ihn darum, das Recyclingpapier doch bitte nicht länger in Plastik zu verpacken.
„Wie definiert man JUGEND? Warum sollte nur eine bestimmte Art von Bild oder Person die Jugend VERKÖRPERN? Du bist immer so alt, wie du dich FÜHLST“
Ein Leben im Einklang mit der Natur und der Umwelt ist genau das Richtige für Murphy, die von diesem schwer zu erfassenden, doch allseits begehrten „Leuchten“ geradezu umgeben scheint. Was ist ihr Geheimnis? „Zuallererst einmal bin ich generell ein glücklicher Mensch, denke ich. Ich bin nicht perfekt; ich kann definitiv launisch sein und bin schlecht drauf, wenn ich nicht genügend Schlaf bekomme – ich brauche mindestens acht Stunden. Und ich hasse meine Hormone im Moment, also probiere ich alle möglichen Hilfsmittel aus: Magnesium in der Nacht, ayurvedische Kräuter… ich experimentiere ständig. Unsere Körper verändern sich im Laufe der Zeit und wenn wir gut hinhören, teilen sie uns mit, was wir brauchen.“ Sie glaubt auch an einfache Atemübungen. „Selbst wenn ich nur 10 Minuten am Tag dafür Zeit habe, versuche ich, bewusst zu atmen“, erklärt sie. „Außerdem meditiere ich, nämlich im Bad, denn dann kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ich fülle die Wanne mit Magnesium- und Epsomsalzen Bittersalze sowie Ölen und anderen Zusätzen. Das ist einfach ein Traum für mich.“
„Ich kannte nie ein LEBEN ohne Wasser… Es ist meine MEDITATION. Es hilft mir dabei, mich VOLLKOMMEN zu fühlen“
Es ist eine Freude, ein Model in ihren 40ern so überglücklich, ausgeglichen und vollkommen zufrieden – mit sich und dem Leben – zu sehen. „Ich denke, schlussendlich geht es darum, dass wir uns zuordnen können. Frauen machen über 80 Prozent des Verbrauchermarktes aus, denn wir sind diejenigen, die einkaufen. Und es ist ja nicht so, als würden wir in einem bestimmten Alter einfach umkippen – wir machen Einkäufe für unsere Familien, unsere Kinder und unseren Haushalt. Warum also sollte ich dann nicht mehr arbeiten? Wie definiert man Jugend? Das ist doch alles so relativ! Warum sollte nur eine bestimmte Art von Bild oder Person die Jugend verkörpern? Du bist immer so alt, wie du dich fühlst.“
Als alleinerziehende Mutter ist Murphy sich bewusst, dass jetzt, da Dylan größer wird, eine neue Phase ihres Lebens beginnt. „Sie wird in schon eineinhalb Jahren von zu Hause ausziehen, da sie aufs College geht“, sagt Murphy, ihre Stirn in Falten gelegt. „Es gibt einige Dinge, die wir bis dahin erledigen müssen, und ich rede nicht nur von Eignungstests und Univorbereitungen.“ Aus diesem Grund verbrachten die beiden gerade sechs Monate in Costa Rica, wo Dylan von zu Hause aus unterrichtet wurde, damit sie intensiv Zeit miteinander verbringen und gemeinsame Erlebnisse – allen voran natürlich das Wasser – genießen konnten.
Murphy sagt, dass der Ozean immer ihre wichtigste Konstante war. „Ich kannte nie ein Leben ohne Wasser“, sinniert sie. „Nur so fühle ich mich verbunden. Das Wasser ist meine Meditation. Es hilft mir dabei, mich vollkommen zu fühlen.“ Mit Menschen wie Murphy, die uns zeigen, wie wir unsere Ozeane schützen können, wird es hoffentlich auch so bleiben.
Der Ruf des Ozeans
Schauen Sie sich das Video an, in dem Supermodel Carolyn Murphy ihre liebste Surfing-Erinnerung enthüllt und entdecken Sie, wie sie andere dazu inspirierte, die Ozeane zu schützen.
Die in diesem Artikel dargestellten Personen stehen nicht in Verbindung mit NET-A-PORTER und unterstützen weder die Inhalte noch die gezeigten Produkte.