Coverstory

Die Wegbereiterin

mit

Amandla Stenberg

Coverstory Amandla Stenberg

Seit AMANDLA STENBERGS Rolle in Die Tribute von Panem ihr zum Durchbruch verhalf, ist sie nicht mehr zu bremsen. Die Schauspielerin spricht mit MICHA FRAZER-CARROLL über den Umgang mit Angstzuständen, ihr politisches Engagement und die neue Lebensperspektive, die sich durch die Pandemie ergeben hat. Könnte es sein, dass ein zukünftiger Rap-Star darauf wartet, die Bühne zu betreten?

Foto Miranda BarnesStyling Karla Welch
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Dieses Bild: Hemd und Schuhe von Bottega Veneta. Bustier von Christopher John Rogers. Bild oben: Ohrringe von Khiry.

Beim Gespräch mit Amandla Stenberg hat man einerseits das Gefühl, man sitzt mit einer guten Freundin zum Quatschen zusammen, andererseits unterhält man sich mit einer überzeugenden Stimme und Vertreterin des jungen Hollywoods. Während des Interviews über Zoom geht es schnell um verschiedenste Themen wie die Enttäuschung über die Darstellung von Gen Z in den Medien bis hin zu Kritik an elitären Hierarchien, die sich bei queeren Zoom-Partys entwickelt haben. Und es wird auch viel gelacht.

Das Lachen verstummt und Stenberg erinnert sich an die turbulenten Zeiten des vergangenen Jahres. Seit zwei Jahren lebt sie in Airbnbs und mietet Wohnungen nur kurzfristig – und das abwechselnd in New York, L.A., Paris und Kopenhagen. Seit Beginn der Pandemie fühlt sie sich entwurzelt. „Ich glaube, manchmal vergesse ich, von welchem Blickwinkel aus ich die Situation betrachte“, sagt sie. „Manchmal stehe ich unter Stress und frage mich, warum ich unter Panikattacken leide oder warum mich Paranoia und Angst plagen – und dann werden mir die äußeren Umstände wieder bewusst.“

Natürlich gibt es auch vieles, für das sie dankbar ist – sie betont, dass sie nicht weinerlich klingen möchte, vor allem da die Schauspielerin, deren Vater Däne ist, während des letzten Jahres drei Monate in der ländlichen Hügellandschaft Dänemarks verbrachte. „Ich bin dankbar dafür, dass ich die Möglichkeit hatte, mein Leben zu entschleunigen – zum Beispiel aktiv über meine Gewohnheiten nachzudenken, die Art wie ich den Tag verbringe und was meine Prioritäten sind.“

Hemd von Tove. Höschen von A.L.C.. Ballerinas von Khaite. Ohrringe von Khiry.
Kleid von Sindiso Khumalo. Rollkragenoberteil von Helmut Lang. Ohrringe von Bottega Veneta.
Hemdkleid von Wales Bonner. Ballerinas von Khaite.

Die Pandemie hat es Stenberg erlaubt, eine Pause vom Geschichtenerzählen einzulegen und andere kreative Ausdrucksformen zu erkunden. „Ich habe bemerkt, wie sehr ich mich selbst eingeschränkt habe, zum Beispiel, was ich künstlerisch erforschen kann“, sagt sie. Sie wuchs in L.A., umringt von Schauspielern auf, (ihre Mutter war früher Journalistin in der Film- und Unterhaltungsbranche) und war fünf Jahre jung, als sie sich ihre erste Rolle in einer Puppenwerbung sicherte. Dementsprechend wurde ihre Berufswahl von Anfang an beeinflusst. „Ich habe mich gefragt: ‚Ist es wirklich das, was ich will? Wurde diese Entscheidung für mich getroffen? Gibt es so etwas wie freien Willen?‘“

Sie sagt, manchmal das Gefühl gehabt zu haben, eine äußere Kraft würde sie immer weiterziehen. Als ihre Schauspiel-Engagements in der ersten Hälfte des Jahres 2020 ins Wasser fielen, blühte Stenberg in anderen kreativen Tätigkeiten auf. Dazu gehörte zu lernen, sich selbst lilafarbene Zöpfe zu flechten, sowie das Wiederentdecken des Instruments ihrer Kindheit – der Violine. „Ich begann über all die Dinge nachzudenken, die ich liebe und die Grenzen, die ich mir in meinem Kopf selbst gesetzt hatte“, sagt sie. „Ich glaube, viele dieser Grenzen haben mit dem Hochstapler-Syndrom zu tun.“

Musik ist Stenberg „das Liebste auf der Welt“, nicht nur die Violine, sondern auch das Singen und zu produzieren. Obwohl sie bereits um die 30 Demos aufgenommen hat, zögert sie, ihre Musik mit dem Rest der Welt zu teilen. Bisher hat sie nur mit männlichen Produzenten gearbeitet und da gab es Momente, in denen sie etwas Ungewöhnliches oder sogar ein bisschen Peinliches ausprobieren wollte, jedoch den männlichen Blick fühlte, der sie davon abhielt: „Er durchdringt dich, ohne dass du es bemerkst.“

Jacke von Maximilian Davis.
Oberteil und Hose von Miguelina. Schuhe von Gucci.
Oberteil und Rock von Tove. Kette von Alighieri.