Incredible Women

Podcast-Gast Anya Hindmarch über Spaß an der Mode und gesellschaftlichen Wandel

In einem Ausschnitt von PORTERs beliebter Podcast-Serie Pieces of Me: My Life in Seven Garments spricht ANYA HINDMARCH mit SARAH BAILEY über modische Erinnerungen, die ihr ein Lächeln auf die Lippen zaubern – von ihrem ersten Entwurf, der ihre Karriere ins Rollen brachte bis zu einer Kult-Tasche mit einer wichtigen Botschaft. Tauchen Sie anhand von modischen Momenten in Hindmarchs Welt ein

Incredible Women

„Ich mag lächelnde Gesichter, denn warum auch nicht?“ sagt Designerin und Gründerin des gleichnamigen Labels Anya Hindmarch. „Ich finde es toll, wenn Mode das schafft. Sie kann dir Selbstbewusstsein geben, dir ein Lächeln aufs Gesicht zaubern oder mit einer schönen Erinnerung verbunden sein. Diese Dinge sind wichtig.“

Hindmarch liegt das Unternehmertum im Blut. „Ich glaube, meine Mutter hat gerade an einer Rechnung für das Unternehmen meines Vaters geschrieben, als ihre Fruchtblase platzte“, lacht sie. „Ich war eines der Babys in der Wiege unter dem Schreibtisch.“ Da ist schnell erklärt, wie ein Kindheitshobby (sie bastelte kleine Taschen mit winzigen Fächern: „Papier und Schere waren mein Medium!“) sich zu dem Wunsch ein eigenes Accessoires-Unternehmen zu gründen entwickelte, als sie noch ein Teenager war.

Hindmarch verkaufte ihre erste Tasche – eine Ledertasche, inspiriert von einer Reise nach Florenz – durch die Anzeigenseite von Harper’s & Queens, wie es zu der Zeit hieß. „Ich glaube, wir haben 400 Taschen verkauft. Ich machte 7000 Pfund Gewinn!“ Als innovative Geschäftsfrau ist es passend, dass sie eine der ersten Designerinnen war, die ihre Kollektion auf Net-a-Porter zur Gründung der Seite im Jahr 2000 anbot.

Schönheit, Handwerkskunst und das Wesentliche der Mode stehen im Zentrum ihrer Arbeit. Ihre Designs sind wahre Sammlerstücke: von einer Clutch aus glänzendem Stahl, die einer modernen Skulptur gleicht, bis zu einer originellen Abendtasche, die wie ein Schokoriegel aussieht. Was sie antreibt, ist ein erfinderischer Funke und das Streben nach Neuem. Welcher andere Designer hat es durch die Kreation einer It-Bag geschafft, global den Gebrauch von Plastiktüten zu reduzieren (wie Hindmarch 2007 es mit ihrem ikonischen Projekt „I’m Not A Plastic Bag?“ machte), um den Kreis 2020 mit einer Kollektion von Geldbörsen und Taschen aus wiederverwerteten Plastikflaschen zu schließen? Wer auch immer sagte, kreatives Denken ist eine Art „Lächeln im Geiste“, hätte von Hindmarch inspiriert worden sein können…

Die italienische Reisetasche, die mein erstes Design inspirierte

Hindmarch, hier in Florenz im Jahr 1986, mit der Reisetasche, die ihr erstes Design inspirierte.

„Ich wusste nach meinem Schulabschluss, dass ich Handtaschen entwerfen und mein eigenes Unternehmen gründen wollte. Daher reiste ich nach Florenz, weil es das Zentrum von Leder, Märkten, Fabriken und schönem Design war. Zu dieser Zeit gab es noch keine Billig-Airlines und die Leute reisten allgemein noch nicht so viel, daher war der Stil der Italiener sehr anders und alle trugen diese Beutel mit Kordeln. Ich erinnere mich, wie ich mir überlegte, dass ich meine eigene Version designen könnte… Und so entschloss ich mich, eine Fabrik zu finden, was nicht einfach war, da ich jung und mein Italienisch nicht das beste war. Doch ich schaffte es – buchstäblich durch die Pagine Gialle, die italienischen Gelben Seiten.“

Mein glücksbringender Pullover

Hindmarch in ihrem glücksbringenden Pullover im Jahr 1993.

„Ich weiß nicht, von welcher Marke der Pullover stammt. Ein paar Jahre nach dem Foto aus Florenz war ich bei einem Fotoshooting. Das Unternehmen war gegründet und lief gut und so wurde ich eingeladen, in einem Magazin zu erscheinen. Gegen Ende des Shootings schlug der Fotograf vor, ich solle den Pullover anziehen. Durch eines der Fenster kam ein schöner Lichteinfall und er machte das Foto, das eigentlich ein Outtake war. Aber das Magazin entschied sich, das Foto zu drucken und mein jetziger Mann sah es und erinnerte sich aus irgendeinem Grund daran… Daher nenne ich ihn meinen glücksbringenden Pullover, denn es war die erste Verbindung zu meinem Mann, mit dem ich seit 23 Jahren verheiratet bin.“

Mein Hochzeitskleid von Anouska Hempel

Hindmarch trug an ihrem Hochzeitstag im Jahr 1996 ein Hochzeitskleid von Anouska Hempel.

„Ich wollte mich nicht wie die typische Braut fühlen. Voluminöse Röcke und Puff-Ärmel passen nicht zu mir. Also entschied ich mich für ein Kleid von Anouska Hempel, die ich wegen ihrer klaren, fast archetektonischen Linie liebe. Es war sehr einfach und entsprach meiner Persönlichkeit. Darum geht es doch bei einem Hochzeitskleid. Man muss einfach man selbst sein. Und ich glaube, wenn man sich nicht ganz wohl fühlt in einem voluminösen Kleid, muss man an dem Tag die beste Version von sich selbst sein und etwas tragen, in dem man sich gut fühlt. Dann kann man sein Outfit vergessen und diesen wichtigen Tag einfach genießen.“

Die „I’m Not A Plastic Bag“-Tasche

Die ikonische „I’m Not A Plastic Bag“-Tasche wurde im Jahr 2007 lanciert.

„Tim Ashton, der ein hervorragender Werber ist, sprach mich an, da er gerade mit einer Organisation für gesellschaftlichen Wandel namens We Are What We Do zusammenarbeitete – und sie hatten gerade ein Buch mit dem Titel Change the World for a Fiver herausgegeben. Das war für mich eine Art Geistesblitz, denn ich wollte schon länger etwas zum Umweltschutz machen. Dann wurde mir plötzlich klar, wir könnten unsere Mode-Plattform nutzen und das ‚It-Bag‘-Modell ausnützen, um die Thematik bewusster zu machen. So haben wir uns daran gemacht, eine wiederverwendbare Einkaufstasche zu entwerfen.“

Die Chipstüten-Clutch

Hindmarchs Chipstüten-Clutch war im Jahr 2014 ein großer Hit.

„Wenn man von einer Chipstüte den Aufdruck entfernt, ist sie ein wunderschönes Objekt. Wie sie sich bewegt und Licht reflektiert erinnert an Wasser. Daher wollten wir daraus eine schöne Clutch machen, die man halten kann. Architektin Zaha Hadid schickte mir eine Nachricht, in der stand – ganz auf ihre Zaha-Art (also sehr direkt) – ‚Anya, ich liebe diese Tasche. Schick mir eine.‘ Also schickte ich ihr eine, doch sie gab sie am nächsten Tag zurück und ich war etwas traurig darüber. Ich fragte sie, was passiert war und sie sagte: ‚Mein Telefon passt nicht hinein‘. Also gab ich ein paar neue sehr, sehr, sehr teure Formen in Auftrag – sie besteht aus 15 verschiedenen Formen – um eine neue Größe für Zaha herzustellen. Die größte Tragödie dabei ist, dass sie starb, bevor wir ihr die neue Tasche schicken konnten. Das bricht mir das Herz, denn diese Tasche ist Zahas Tasche für mich.“

Das Kleid von Ozzie Clark, das ich zur Feier anlässlich des Rückkaufs meiner Firma trug

Hindmarch hier in dem Kleid von Ozzie Clark, das sie zur Feier anlässlich des Rückkaufs ihrer Firma im Jahr 2019 trug.

„Ich habe drei Ozzie Clark Kleider, für die ich viel Geld ausgegeben habe. Als ich sie kaufte waren es bereits Vintage-Stücke, doch ich ziehe sie immer wieder und wieder und wieder an. Das Kleid, das ich trug, um zu feiern, dass ich meine Firma zurückgekauft hatte, ist ganz etwas Besonderes für mich. Wir hatten einige Jahre zuvor einen Teil unseres Unternehmens verkauft. Ich vermisste es, die Firma zu führen und wollte sie wieder zurückkaufen. Und so tat ich das auch – was eine riesige Herausforderung und ein großer Erfolg für mich war. Diesen Moment zu feiern war besonders schön. Ich gab ein Dinner mit vielen gleichgesinnten Frauen. Ich wollte ihnen danken, da ich finde, dass Freundinnen sehr wichtig sind.“

Die Djellaba – mein Freizeitoutfit

Hindmarch bat alle ihre Gäste für ihre Wochenendparty in Marrakesch im Jahr 2016 die gleiche Djellaba zu tragen.

„Sie hält für mich einen besonderen Moment fest. Vor ein paar Jahren luden wir zu einem netten Wochenendausflug nach Marrakech – sehr klein, nur Familie und enge Freunde. Ich bat alle Djellabas zum Abendessen anzuziehen, da es dadurch keinen Wettbewerb gibt. Jeder ist auf dem gleichen Level. Dass alle an diesem Abend die gleiche Djellaba trugen, gab ihm Einheitlichkeit, was verschiedene Folgen hatte und viel Spaß machte. Es war einfach ein sehr glücklicher, leichter, natürlicher und ungehemmter Moment, einer dieser Abende, der mich einfach mit einem puren Glücksgefühl füllte.“