Die Wandelbare
mit
Michelle Dockery

Berühmt geworden ist sie als Downton Abbeys eiserne Lady Mary, doch in Guy Ritchies neuem Film The Gentlemen wechselt MICHELLE DOCKERY mühelos von einer hochmütigen Aristokratin ins Gangster-Milieu. LAURA CRAIK spricht mit dem britischen Star über ihre Wurzeln in der Arbeiterklasse, über das goldene Zeitalter der Möglichkeiten für weibliche Schauspieler und darüber, warum die Zusammenarbeit mit Ritchie, Matthew McConaughey, Hugh Grant und ihrem Vorbild Jeremy Strong ein wahr gewordener Traum war.
Michelle Dockery unterscheidet sich so sehr von Lady Mary aus Downton Abbey, wie man es sich nur vorstellen kann. Gekleidet in Boyfriend-Jeans von Totême, weißen Adidas-Sneakers und einem schwarzen Rollkragenpullover aus Kaschmir wirkt sie warmherzig, überschwänglich und humorvoll, ganz im Gegensatz zum eher frostigen und kontrollierten Charakter der Lady Mary. Ihr Akzent erinnert zudem an den von Victoria Beckham. „Nicht selten reagieren Menschen leicht irritiert, sobald ich im Film den Mund aufmache", sagt sie grinsend.
Sie spricht dabei von dem Film The Gentlemen, eine klassische Gangsterkomödie von Regisseur und Autor Guy Ritchie. Mit diesem Film kehrt er zu dem Genre zurück, das ihn ursprünglich so berühmt gemacht hat. „Charlie [Hunnan, einer von Dockerys Co-Stars] bezeichnet The Gentlemen als einen „Vintage Ritchie“-Film und ich denke, damit liegt er richtig", sagt sie über den britischen Regisseur von Bube, Dame, König, Gras und Snatch. „Ich spiele Rosalind, die Frau von Matthew McConaugheys Charakter Mickey", erklärt Dockery. „Er besitzt all diese Marihuana-Farmen, die unterhalb von Herrenhäusern geführt werden, daher der Titel The Gentlemen."
Marihuana-Farmen? Was würde Carson sagen? Dockery lacht. Nachdem die 38-jährige britische Schauspielerin sechs Jahre lang Lady Mary Crawley in Downton Abbey, ( der beliebten Serie, die 15 Emmys gewann und von sage und schreibe 270 Millionen Zuschauern weltweit gesehen wurde) gespielt hatte, verhalf ihr die Rolle in The Gentleman zum absoluten Durchbruch. „Rosalind betreibt ein Autohaus, das sie von ihrer Familie geerbt hat. Sie ist eine knallharte Frau aus East London. Ich bin in Essex aufgewachsen, aber die Wurzeln meiner Familie liegen in East London, von daher war es großartig, auf diese Weise in diese Welt einzutreten.“
„Normalerweise muss ich meinen Text Wort für Wort wiedergeben, für diesen Film konnten wir viel IMPROVISIEREN, was wirklich BEFREIEND sein kann“
Zu behaupten, die Besetzung von The Gentlemen sei herausragend, ist wahrlich untertrieben: Neben Dockery, McConaughey und Hunnam spielen Filmstars wie Hugh Grant (der sehr untypisch als klassischer Gangster im East End mit einem bedrohlich klingenden Cockney-Akzent auftritt), Colin Farrell, Henry Golding und Jeremy Strong mit, Letzterer brillierte erst als verstörter Kendall Roy in HBOs Succession. Dockery selbst ist ein riesengroßer Fan der Serie. „Ich könnte Non Stop über diese geniale Show sprechen, meiner Meinung nach das absolut Beste derzeit im Fernsehen. Jede einzelne Rolle verkörpert einen Shakespeare-Charakter. Ich habe es geliebt, mit Jeremy zu arbeiten. Wir hatten nur eine gemeinsame Szene, eine Dinner-Party, und ich hätte seinen Charakter nie so gesehen, wie er ihn letztlich gespielt hat. Es war eine Freude, ihn zu beobachten und zu sehen, wie sehr er sich von Kendall unterscheidet.“
Die Zusammenarbeit mit Ritchie und die humorvolle, größtenteils männliche Besetzung, sei ein Traum gewesen, sagt Dockery. „Es gibt eine Szene, in der ich in meiner Werkstatt ankomme und Guy wollte ganz spontan noch etwas Dialog hinzufügen. Ich musste stets auf Zack und hellwach sein, das hat mir sehr gut gefallen. Normalerweise muss ich meinen Text Wort für Wort wiedergeben, für diesen Film konnten wir viel improvisieren, was wirklich befreiend sein kann." Sie genoss es außerdem, gemeinsam mit Ritchie an Rosalinds Look zu feilen. „Obwohl Rosalind in einer Werkstatt arbeitet, trägt sie den schönsten Balmain-Overall und ein Paar schicke Louboutins, was irrsinnig komisch ist. Sie hat sich ganz klar diesen gehobenen Lebensstil verdient und hat mehr als genug Geld, dennoch zieht sie es vor, weiter zu arbeiten. Das liebe ich an ihrem Charakter, dass sie sich immer noch die Hände schmutzig macht.“
Dockery, die 2004 ihr Studium an der Guildhall School of Music & Drama in London abschließen konnte, ist mehr als zufrieden mit den Rollen, die ihr im Laufe ihrer Karriere angeboten wurden. Gleichzeitig ist sie sich dessen bewusst, dass Schauspielerinnen in der Vergangenheit den Mangel an geeigneten weiblichen Rollen beklagt hatten. „Ich habe das Gefühl, dass ich zu einer Zeit in diese Branche eingestiegen bin, als sich die Dinge wirklich zu verändern begannen, insbesondere für Frauen. Es ist das goldene Zeitalter des Fernsehens, in dem Filmemacher den Luxus haben, zehn statt nur zwei Stunden zu schreiben, sodass sie einen Charakter genauer studieren und detaillierter ausarbeiten können. Mittlerweile wird es einem viel leichter gemacht, den richtigen Job zu finden oder ein gutes Gespräch mit den Filmemachern zu führen. Beispielsweise sobald der Eindruck entsteht, die weibliche Figur werde nicht wirklich involviert. In der Vergangenheit hatte ich immer das Gefühl, dass man hart darum kämpfen musste.“
Plant die Schauspielerin in der Zukunft ebenfalls einmal zu schreiben oder Regie zu führen? Dockery lacht. „Ich denke darüber nach, andere Dinge zu tun. Im Moment bin ich mir nicht sicher, was genau, aber … ". Das Leuchten in ihren Augen lässt darauf schließen, dass sie bereits etwas im Hinterkopf hat.
„Ich bin ganz klar INTROVERTIERT… aber ich gehe gerne aus und tanze für mein Leben gern. Alle paar Monate zieht es mich auf den Dancefloor und dann habe ich eine dieser DURCHTANZTEN Nächte…"
Gerade erst hielt sie sich für sechs Monate in Boston auf, wo sie Defending Jacob drehte. Eine erschütternde Miniserie über eine Familie, deren Leben nach dem Tod eines Jungen an der Schule des Sohnes völlig zerrissen wird. „Es ist keine Komödie“, stellt sie ironisch fest. Die Schauspielerin genießt es mittlerweile sehr, in North London zu leben, wo sie in der Nähe ihrer beiden Schwestern sein kann (Dockery ist die jüngste von drei Schwestern). „Es ist eine gemütliche Jahreszeit und die beste Zeit, um zu Hause in London zu sein", lächelt sie und trinkt eine Tasse Tee. „Es ist großartig, Freunde und Familie zu treffen und weil ich beruflich viel unterwegs bin, schätze ich es umso mehr, wenn ich nach London zurückkehre." Kürzlich besuchte mich ein Freund aus LA und wir gingen zur Antony Gormley Ausstellung. Es war atemberaubend."
Ist es denn möglich, in London unerkannt zu bleiben? „Ja, definitiv mehr als in Amerika, das liegt wohl auch an unserer Kultur. Die Briten sind zu schüchtern und cool, um jemanden anzusprechen, während die Menschen in Amerika mehr Selbstvertrauen haben, um auf jemanden zuzugehen. Es überrascht mich in der Tat sehr, wenn mich jemand anspricht, es geschieht immer in Schüben und erreichte einen Höhepunkt nach Erscheinen des Films Downton. “
Sie lacht, als sie zugibt, sie könne die Fans von Downton nicht auf Anhieb erkennen. „Erst vor Kurzem bin ich in ein Taxi gestiegen, der Fahrer war ein großer, stämmiger Typ, so wie Guy Ritchie. ‚Wohin soll es gehen?‘, fragte er. Dann wurde es etwas ruhiger, bis er schließlich fragte, ob alles in Ordnung sei. Ich antwortete ‚Ja, ja‘ und erzählte ihm von meinem Tag. Plötzlich sagte er: ‚Eine Schande, was mit deiner Schwester in Staffel 3 passiert ist‘. Da musste ich lauthals loslachen. Die Leute überraschen mich manchmal wirklich.“
Würde sie sich eher als intro- oder extrovertiert bezeichnen? „Ich bin ganz klar introvertiert, wenngleich ich nicht nur zu Hause rumsitze. Ich gehe gerne aus und tanze für mein Leben gern. Für mich gehört Tanzen einfach zum Ausgehen dazu. Alle paar Monate zieht es mich auf den Dancefloor und dann habe ich eine dieser … durchtanzten Nächte.“
„Ich liebe FASHION, muss aber nicht unbedingt jeden angesagten Designer kennen. Es macht mir FREUDE, aufsteigende TALENTE zu unterstützen, junge Menschen, die sich beruflich in den Startlöchern befinden.“
Ihr Interesse an Mode ist eher bescheiden. „Ich liebe Fashion, muss aber nicht unbedingt jeden angesagten Designer kennen. Es macht mir Freude, aufsteigende Talente zu unterstützen, junge Menschen, die sich beruflich in den Startlöchern befinden.“ Sie selbst bezeichnet sich eher als vernarrt in Mäntel, anstelle von Schuhen, doch ihr wertvollster Besitz sei ohne Zweifel eine Halskette von St. Christopher, ein Geschenk ihrer Mutter. „Dieses Schmuckstück begleitet mich überall hin, ich trage es seit 15 oder 20 Jahren.“ Vor kurzem habe sie zudem begonnen, Kleidungsstücke auszusortieren und an Smart Works zu spenden. Die britische Wohltätigkeitsorganisation wird von der Herzogin von Sussex gefördert und unterstützt arbeitslose Frauen, einen Weg zurück in die Berufswelt zu finden. „Ich habe ihnen all meine Skinny Jeans überlassen.“
Unser Gespräch beende ich mit einem zugegebenermaßen brisanteren Thema und der Frage, ob sie verliebt sei… Dockery lacht und zieht mit der Hand einen imaginären Reißverschluss über den Mund. Ich versuche so sensibel wie möglich zu sein, denn ihr Verlobter, der Ire John Dineen, war im Jahr 2015 verstorben und in früheren Interviews hatte die Schauspielerin zugegeben, dass sie sich wie eine Witwe fühle. Es wird gemunkelt, dass sie mit Jasper Waller-Bridge, dem Bruder der berühmten Phoebe und Schöpferin von Fleabag und Killing Eve, ausgeht. Wenn das stimmt, sehen wir sie vielleicht bald in einer Komödie? „Wir haben da etwas im Hinterkopf, aber mehr kann ich nicht verraten“, sagt sie. Dann, ganz im Stil von Lady Mary, verabschiedet sie sich mit einem höflichen „Vielen Dank. Es war wirklich schön.“
The Gentlemen started am 1. January 2020 in den Kinos.
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Michelle Dockery wird mit PORTERs Etikette-Challenge auf die Probe gestellt. Wird sie das Herumalbern mit Matthew McConaughey zugeben? Wer verdient am meisten eine Flasche festlichen Champagern zu Weihnachten? Und wird ihre heimliche Bewundererin wirklich Champagner aus ihrem Schuh trinken? …
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