Vorhang auf
mit
Eve Hewson

Fans von Bad Sisters dürften bereits bestens mit EVE HEWSONs Talent für schwarze Komödien vertraut sein. Jetzt ist die Schauspielerin neben Nicole Kidman in The Perfect Couple – dem wohl spannendsten Krimi des Sommers – zu sehen. Eine weitere Rolle in Noah Baumbachs bislang namenlosem Film mit George Clooney, Greta Gerwig und Adam Sandler lässt keinen Zweifel daran, dass sie endgültig in Hollywood angekommen ist. Mit PANDORA SYKES spricht sie über Frauenfreundschaften, Axtwerfen mit hochkarätigen Schauspielkollegen und ihren Umzug von Dublin nach Los Angeles
Eve Hewson liebt es, unter Menschen zu sein. „Ich bin regelrecht besessen von ihr“, schwärmt sie von Isla Fisher. „Australische und irische Mädels sollten nicht miteinander abhängen, es hat schließlich einen Grund, warum unsere Länder so weit voneinander entfernt sind.“ Die Arbeit mit Nicole Kidman beschreibt sie als „Sonnenschein und Regenbogen“. Und Dakota Fanning? „Meine beste Freundin“, murmelt sie genüsslich, den Mund voller Kroketten.
Trotz heftigem transatlantischem Jetlag ist die irische Schauspielerin in Topform, was zum Teil auch an den spektakulären Projekten in ihrem Terminkalender liegen dürfte – darunter auch Noah Baumbachs mit Spannung erwarteter und bisher noch streng geheimer und namenloser Spielfilm für Netflix, der nächstes Jahr erscheinen soll. Zur Starbesetzung zählen Fisher, Greta Gerwig, George Clooney, Billy Cruddup und Adam Sandler. Worum es in dem Film geht? „Keine Ahnung“, meint Hewson. „Ich habe das Skript nicht gelesen. Er hat uns nur unsere Szenen gegeben. Das ist eigentlich richtig cool… die Charaktere leben quasi in ihrer eigenen Welt…“. Sie grübelt sichtlich darüber, was sie weiß und was sie sagen darf. „Sie haben alle einen Bezug zu George Clooney”, verrät sie schließlich. „Aber niemand sieht den anderen wirklich.“ Das macht mich neugierig. „Mich auch!“, lacht sie.
„Die Dreharbeiten [zu The Perfect Couple] waren „ein WAHNSINNSSPASS; fast wie in einem FERIENLAGER. Normalerweise ist man am Set nicht mit so vielen GLEICHALTRIGEN Leuten umgeben“
Über The Perfect Couple kann sie glücklicherweise eine ganze Menge erzählen. Der äußerst bissige Netflix-Krimi mit Suchtpotenzial basiert auf dem Bestseller-Thriller von Elin Hilderbrand, mit Susanne Bier als Regisseurin. Hewson schlüpft in die Rolle der Amelia, einer unkonventionellen Braut in Spe, die kurz davor steht, in eine reiche, spießige Familie einzuheiraten. Doch dann wird in der Nacht vor der Hochzeit am Strand eine Leiche gefunden.
Die Dreharbeiten waren „ein Wahnsinnsspaß“, erzählt die 33-Jährige, „fast wie in einem Ferienlager. Normalerweise ist man am Set nicht mit so vielen gleichaltrigen Leuten umgeben“. Die Matriarchin wird von Schauspiellegende Nicole Kidman verkörpert, deren Produktionsfirma Blossom Films die Co-Produktion des Streifens übernahm und die laut Hewson „äußerst fürsorglich“ war und „die Drehpläne von allen auswendig im Kopf hatte“.
The Perfect Couple wurde in Cape Cod gedreht, „in der Nebensaison, was bedeutet, dass so ziemlich alles geschlossen hatte. Man musste 20 Minuten fahren, nur um einen Starbucks zu finden.“ An den Wochenenden vertrieben sich Hewson und die Schauspielcrew (darunter auch Dakota Fanning, Meghann Fahy, Liev Schreiber und Billy Howle) die Zeit mit Axtwerfen. „Zur Hälfte [der Dreharbeiten] fingen alle an, durchzudrehen, [weil] wir einfach aus Cape Cod rausmussten. Wir kannten uns zu dem Zeitpunkt viel zu gut“, witzelt sie. „Das Axtwerfen hatte also schon therapeutischen Charakter.“
Während der letzten Drehwochen von The Perfect Couple stand Hewson parallel für die zweite Staffel von Bad Sisters – Sharon Horgans düsterem Comedy-Drama für Apple TV – vor der Kamera. Grund für diese Überlappung war der SAG-AFTRA-Streik im vergangenen Jahr, aufgrunddessen sich die Dreharbeiten des ersten Projekts verzögert hatten. Die Produktionsorte befanden sich jeweils in Dublin, Irland und an der Ostküste der USA. Es gibt nur eine Möglichkeit, wie das funktionieren kann: „Man schläft nicht“, merkt sie ganz nüchtern an.
Als die Schauspielerin das Set von Bad Sisters einmal nicht rechtzeitig verlassen konnte, musste Netflix sogar ein künstliches Cape Cod in London nachbauen. Welche Rolle Hewson gerade spielte, konnte sie dabei immer anhand ihrer Hautfarbe ableiten. „Wenn ich blass war, war ich Becka [in Bad Sisters].“ Gebräunte Haut hingegen diente als Indiz für The Perfect Couple. „Zu Beginn [der Dreharbeiten] dachte ich: ‚Was zum Teufel ist hier los? Wir sind so orange!‘ Und zum Schluss dachte ich wiederum: ‚Ich will nie wieder etwas anderes. Das hier ist mein neues Ich‘.“, verkündet sie geradezu feierlich. „Ich bin jetzt ein Girl mit künstlicher Sonnenbräune.“
„[Die zweite Staffel von Bad Sisters] ist BRILLIANT. Viele Leute haben sich gefragt, WIE [Sharon Horgan] [eine weitere Staffel] zustande bringen würde. Und ich habe gesagt: ‚Warum stellt man ihr TALENT in Frage?‘“
Die Grundidee von Bad Sisters bestand darin, dass ein bösartiger Schwager aus dem Weg geräumt werden muss (Achtung: Spoiler zur ersten Staffel folgt). Wer steht also jetzt, wo John Paul – gespielt von Clae Bang – endgültig tot ist, auf der Abschussliste von Staffel Zwei? Hewson hält sich (erneut) bedeckt, „aber es ist brillant“, verspricht sie, „sogar besser als die erste Staffel. Viele Leute haben sich gefragt, wie [Sharon Horgan] [eine weitere Staffel] zustande bringen würde. Und ich habe gesagt: ‚Haben die Sopranos das nicht geschafft? Hat es Breaking Bad nicht geschafft? Warum stellt man ihr Talent in Frage? Ihr Talent ist überragend!‘“. Hewson liebt die Arbeit mit Horgan. „Alles, was sie in ihre Hände nimmt, wird zu Gold.“
Die Besetzung von Bad Sisters – zu der auch Horgan und Anne-Marie Duff gehören – steht sich inzwischen „so nah… [dass] wir zwei oder drei Stunden Gesprächszeit brauchen, bevor wir [mit dem Dreh] beginnen. Am Set hieß es: ‚Wir drehen jetzt‘ und wir antworteten: ‚Gebt uns noch einen Moment! Also, er hat dann gesagt…‘“. Auch die WhatsApp-Chatgruppe von Bad Sisters sei wesentlich versauter als ihre anderen Film-Chats. „Es sind auch Jungs im The Perfect Couple [Chat]. Wir wollen die kleinen Jungs doch nicht vergraulen! Die armen Burschen.“
Memphis Eve Sunny Day Iris Hewson (nur ihre beste Freundin nennt sie Memphis) wurde als zweites von vier Kindern des U2-Musikers Paul Hewson, besser bekannt als Bono, und der Aktivistin Ali Hewson geboren. Sie wuchs in Dublin in einem kreativen Elternhaus auf, „in dem sich die Gespräche oft um Themen wie Film, Musik, Poesie und Literatur drehten“. Als Kind spielte sie Klavier und Schlagzeug, und obwohl sich die Schauspielerei als naheliegend erwies – „das war das Einzige, worin ich gut war“ – hegte sie ursprünglich den Traum, Popstar zu werden. „Ich war überzeugt davon, dass ich die nächste Charli XCX werden würde.“
Im Alter von 18 Jahren zog sie nach New York City, um am NYU Tisch Institute of Performing Arts Schauspiel zu studieren, bevor sie nur ein Jahr später ihre erste große Rolle in This Must Be the Place ergattern konnte. Seitdem war sie in zahlreichen Film- und Fernsehprojekten zu sehen, darunter in der Verfilmung von Eleanor Cattons The Luminaries, dem düsteren Thriller Behind Her Eyes und dem äußerst charmanten (und vielfach unterschätzten) Indie-Streifen Flora and Son vom letzten Jahr, in dem Hewson eine alleinerziehende Mutter eines Teenagers spielt. Und kurze Zeit später klopfte schließlich das Projekt Bad Sisters an ihre Tür.
Nach jahrelangem Nomadendasein in Begleitung ihrer Katze Luna („Ist meine [Liebe zu meiner] Katze noch normal oder schon besorgniserregend?“) hat sie sich vor Kurzem in Los Angeles niedergelassen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich dorthin ziehen würde, und dann habe ich festgestellt: ‚Du meine Güte, in der Sonne zu liegen tut meinem Gehirn richtig gut‘.“ Zu ihrem Entspannungsritual gehört ebenfalls eine geballte Ladung Reality-TV (sie hat gerade erst alle elf Staffeln von Vanderpump Rules hinter sich). Sie gibt Fanning die Schuld dafür, „dass ich zur Popkultur-Queen verkommen bin“.
Während der Pandemie zogen Hewson und ihre Geschwister wieder zu ihren Eltern nach Dublin – das erste Mal seit Jahren, dass die gesamte Familie wieder zusammenlebte. „Wir haben ein Studio hinten im Garten [meiner Eltern], wo [wir] oft mitten in der Nacht landen und bescheuerte Songs schreiben. Ich wurde sogar aus der Familienband rausgeschmissen, weil ich zu enthusiastisch war. An einem Abend hatte ich bemerkt, dass sie alle zusammen im Studio waren. Ich kam rein, habe mir einen Bass geschnappt und angefangen, darauf herumzuklimpern. Und sie meinten dann: ‚Du bist raus. Das ist nicht unser Vibe‘.“ Bono hat es allerdings auch nicht in die Band geschafft: „Nein! Er war jeden Abend schon um 22 Uhr im Bett.“
In Bezug auf ihren weltberühmten Vater zeigt sich Hewson gelassen: „Das Einzige, was man tun kann, ist, Witze darüber zu reißen und einfach weiterzumachen.“ Darin ist sie glücklicherweise sehr gut, wie ein vergangener Tweet beweist: „Ziele für 2023: Erfolgreich genug sein, um als Nepo-Baby angesehen zu werden“. Mit ihrem humoristischen Timing und ihrer Schlagfertigkeit ginge sie glatt als Comedian durch. „Ich habe eigentlich einen wahnsinnig guten Geschmack, ich entscheide mich bloß dazu, das hier zu tragen“, erklärt sie mir, während sie demonstrativ mit der Hand über ihre Jogginghose fährt.
„In ihren Interviews gibt [Dakota Fanning] sich PRÜDE und anständig, aber im WAHREN Leben ist sie wild drauf. Andernfalls wäre ich definitiv nicht mit ihr BEFREUNDET“
Sie liebt Mode, „aber ich möchte das Gefühl haben, ich selbst zu sein“, betont sie. Ihre Stylistin Karla Welch, die auch Justin Bieber und Tracee Ellis Ross einkleidet, „stylt mich etwas mehr wie einen Popstar als eine Schauspielerin“. Hewson ist ein großer Fan von „Loewe, natürlich“ und The Frankie Shop, „für diesen sexy Tomboy-Look“. „Dakota [Fanning] hat mich für The Row begeistert“, seufzt sie. („In ihren Interviews gibt sie sich prüde und anständig, aber im wahren Leben ist sie wild drauf“, sagt sie über Fanning. „Andernfalls wäre ich definitiv nicht mit ihr befreundet.“) Ihr Faible für den Tomboy-Stil geht dabei über Mode hinaus. „Ich will die Jungs spielen“, fügt Hewson hinzu. Als die Besetzung für den Beatles-Film gecastet wurde, „war ich so wütend. Ich wollte doch unbedingt John Lennon spielen!“
„Was sich [in Hollywood] GEÄNDERT hat, ist, dass man jetzt sagen darf, wenn man eine SCHLECHTE Erfahrung gemacht hat… Das gibt uns MACHT“
Das Leben als junge Frau in Hollywood habe sich in den letzten Jahren verbessert, erzählt sie mir – aber auch nur gewissermaßen. Wurde sie jemals in unangemessener Weise behandelt? „Auf jeden Fall.“ Kommt das immer noch vor? „Ja.“ Sie hält inne. „Was sich geändert hat, ist, dass man jetzt sagen darf, wenn man eine schlechte Erfahrung gemacht hat. Früher hieß es: ‚Sei dankbar, beklag dich nicht, so ist das nun mal, wenn du ein Star werden willst‘. Jetzt müssen die Leute zumindest darauf reagieren, ob sie wollen oder nicht, oder sie werden gecancelt. Das gibt uns Macht.“
Dass Hewson diese Macht aktiv in Anspruch nimmt, spürt man sofort. Sie möchte alle Aspekte der Branche kennenlernen und einen „großartigen Fantasy-Film für Kinder mit riesigen Perücken [und] riesigen Kostümen“ drehen, Teil einer Show am Broadway sein und außerdem noch produzieren, Regie führen und Drehbuch schreiben. Es hat etwas Beflügelndes, in Gegenwart einer Person zu sein, die solch ein ungebremstes Engagement an den Tag legt und alles mitnehmen will, was sie kann – selbst, wenn sie dafür zwei Projekte gleichzeitig stemmen muss. Nach einem Jahr durchgehender Dreharbeiten gibt es für Hewson keine Urlaubstage. Stattdessen stehen die nächsten Aufnahmen zu einem weiteren geheimnisvollen und namenlosen Film an – und damit auch eine neue Schauspielcrew, mit der sie die Axt schwingen kann.
The Perfect Couple ist ab dem 5. September auf Netflix zu sehen. Die zweite Staffel von Bad Sisters erscheint auf Apple TV+ im November.
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