Licht aus, Spot an!
mit
Busy Philipps

Wie hat es Busy Philipps geschafft, mit einer schleppenden Schauspielkarriere und einem süchtig machenden Instagram-Account zur Frontfrau des Primetime-TV zu werden? Jennifer Dickinson verrät sie ihr Geheimnis
Busy Philipps ist womöglich die Königin der Visualisierung. Anfang des Jahres wurde die US-amerikanische Schauspielerin und Drehbuchautorin als Moderatorin für eine Late-Night-Show des amerikanischen Fernsehsenders E! auserkoren. Eine Seltenheit, denn im Abendprogramm des US-Fernsehens gibt es aktuell nur insgesamt vier Moderatorinnen. Für die Social-Media-Ikone war die Idee jedoch von Beginn an eine beschlossene Sache. „Ich war berauscht von den Feierlichkeiten zum 50. Geburtstag meines Managers in Palm Springs, als ich zu Marc (Silverstein, seit 11 Jahren ihr Mann) sagte: ‚Ich weiß, was ich machen sollte. Ich sollte eine Frau in einer Late-Night-Show sein.‘ Na ja, eigentlich sagte ich: ‚Ich sollte die erste Frau sein, die die Tonight Show moderiert.‘ Marc sagte jedoch: ‚Den Job macht Jimmy Fallon schon. Vielleicht solltest du stattdessen eine Talkshow haben.‘“
Zu unserem Interview ist Philipps (39) heute direkt nach dem Workout und einem kurzen Zusammentreffen mit der Schauspielerin Gillian Jacobs gekommen; zumindest erzählt das ihre Instagram-Story. In der Tat ist das Geheimnis ihres Erfolgs auf Social Media ein gekonnter Mix aus oscarreifen und gewöhnlichen Alltagsmomenten. Sie erscheint im Sportoutfit und strahlt ohne Make-up, abgelenkt vom regelmäßigen „Ping“ ihres Handys. Ich gratuliere ihr zur Vorveröffentlichung ihrer Autobiografie This Will Only Hurt a Little, die am 18. Oktober 2018 in Deutschland erscheint.
„Ich sagte zu meinem Mann: ‚Ich weiß, was ich machen SOLLTE. Ich sollte eine Frau in einer Late-Night-Show sein.‘ Na ja, EIGENTLICH sagte ich: ‚Ich sollte die erste Frau sein, die die TONIGHT-Show moderiert‘“
Schnell ist klar, dass das, was sie als „meine Ausdauer, Entschlossenheit und Bereitschaft“ bezeichnet, Philipps beste Charaktereigenschaften sind. Unsicherheit kennt sie nicht. „So war ich schon immer. Wenn ich etwas sehe, weiß ich sofort, dass ich es will“, sagt sie mit zuckenden Schultern. Und schon nach fünf Minuten Unterhaltung weiß man, dass sie es ernst meint. Philipps nennt einige Beispiele. „Eine Woche nach der Geburt [ihrer ersten Tochter Birdie (7); ihre zweite Tochter Cricket ist 5 Jahre alt] ging ich zu meiner Agentur und sagte: ‚Ok, die neue Saison für Pilot-Shows steht bevor. Ich möchte, dass ihr mir 30-Minuten-Pilotprojekte mit Starbesetzung schickt, die mit einer einzigen Kamera gefilmt werden und Erfolg versprechen. Meine Rolle kann an zweiter oder dritter Stelle der Dispo stehen.‘ Sie schickten mir das Skript für die Fernsehserie Cougar Town mit Courteney Cox und ich sagte: ‚Oh, für so etwas bin ich genau richtig.‘ Marc sagte: ‚Beruhig dich. Du warst noch nicht einmal beim Casting.‘ Und ich sagte: ‚Nebensache!‘“
„Bei Fotoshootings hatte ich nie das Gefühl, dass man INTERESSIERT daran war, ein gutes Foto von MIR zu machen. Ich dachte immer, man wolle, dass ich AUSSEHE wie Tara Reid“
Die Unterhaltung mit Philipps ist ein bisschen so, als würde man mit einem evangelischen Priester Kaffee trinken. Man kann nicht immer mitreden, aber die Geschichten sind so überzeugend erzählt, dass man nichts Schlechtes daran findet. Philipps ist meinungsstark und klüger als einige ihrer Instagram-Follower vielleicht denken. Ihr individueller Charakter unterscheidet sich von vielen von uns auch dadurch, dass sie mit sich selbst zufrieden zu sein scheint. Keine Besorgnis, keine Vorsicht – erst recht nicht, wenn ihr Gegenüber ihr spannende Antworten auf alle möglichen Fragen zu entlocken versucht, ob willkommen oder nicht.
Ein ähnliches Schauspiel bot sich gestern an unserem Set, als sie herausfand, dass der Großteil der Kleidung, die sie tragen sollte, aus Unterwäsche und T-Shirts bestand. Ein Moodboard für das Shooting hatte sie am Tag zuvor nicht gesehen. Wie schlimm kann es schon sein, dachte sie sich. Ihre Reaktion? Ein Achselzucken gefolgt von einem „Ok“ und der Frage nach einer Gesichtsmaske vor den Aufnahmen. Dass sie in Kürze halbnackt fotografiert werden würde, ohne sich zuvor einer Saftkur unterzogen zu haben, schien Philipps nicht zu stören.
So viel Selbstvertrauen hatte die Schauspielerin nicht immer. „Damals in den 90er- und frühen 00er-Jahren kam ich oft zu Fotoshootings, wo man mir ausschließlich Kleidung in Sample Size zur Verfügung stellte. Mir war es peinlich, dass ich da nicht hineinpasste und ich fühlte mich wie eine Last für den Stylisten“, sagt Philipps. „Bei dieser Art von Job hatte ich nie das Gefühl, dass man sich dafür interessiere, ein gutes Foto von mir zu machen. Ich dachte immer, man wolle, dass ich aussehe wie Tara Reid.“
In Hollywood sind Fotoshootings nur eine Möglichkeit, um dein Selbstvertrauen zu zerstören. Castings sind berüchtigt brutal und Philipps ist heute nicht mehr dazu bereit, dies zu tolerieren. „Die Schauspielerei ist anstrengend und herzzerreißend und ich denke nicht, dass es für irgendjemanden leichter wird“, sagt sie. „Jahrelang hatte ich das Gefühl, in eine bestimmte Schublade passen zu müssen, um als Schauspielerin Erfolg zu haben. Ich habe viele Freunde, die in ihrer Karriere an verschiedenen Punkten sind und niemand von ihnen hat es leicht gehabt. Es ist ein Kampf und man hat immer das Gefühl, mit dem Kopf gegen eine Wand zu laufen.“
Es muss toll gewesen sein, zu erfahren, dass sie ihren großen Durchbruch nicht etwa der Schauspielerei, sondern ihrer einzigartigen Persönlichkeit zu verdanken hat. Instagram, wo sie von der Nasen-OP bis zum Kuchenbacken für den Geburtstag ihrer Kinder alles dokumentiert, eröffnet ihr völlig neue Darstellungsdimensionen. „In den letzten anderthalb Jahren habe ich mich so viel freier gefühlt. Mit Instagram kann ich eigene Inhalte erstellen und auf eine andere Weise unterhalten. Ich stamme aus einer Schriftstellerfamilie und habe schon immer gerne geschrieben [Philipps war Co-Autorin des Drehbuchs für Will Ferrells Die Eisprinzen], aber zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn gab es derartig facettenreiche Karrieren noch nicht. Ich wünschte, ich hätte die Weitsicht gehabt, Dinge selbst zu erschaffen. Damals ist es mir einfach nicht in den Sinn gekommen.“
Philipps’ kompromissloser Umgang mit Social Media erstreckt sich von verschwitzten Workouts bis hin zu Unterhaltungsmagazinen, die schlechte Events mit einem Verhältnis von einer Frau zu zehn Männern organisieren. „Komm schon, @Variety, muss das sein? EINE FRAU? Sehr peinlich“, twitterte sie letzten Monat.
„Die Schauspielerei ist ANSTRENGEND und herzzerreißend. Ich denke nicht, dass es für irgendjemanden leichter wird. Es ist ein KAMPF und man hat immer das Gefühl, mit dem Kopf gegen eine WAND zu laufen“
Das Ungleichgewicht der Geschlechter sorgt regelmäßig für Ärger. Bei ihrer E!-Show, Busy Tonight (ihr Name war perfekt dafür), achtet Philipps, dass besonders viele Frauen hinter den Kulissen mitmachen. Außerdem war es ihr wichtig, dass sie für ihren Buchtitel von einer weiblichen Fotografin (Autumn de Wilde) porträtiert wurde. „Ich wollte so lange als cooles Mädchen wahrgenommen werden“, sagt sie. „Ein Mädchen, das mit Jungs rumhängt, ohne objektiviert oder schikaniert zu werden. Ein Mädchen, das ohne Reue über einen Witz lachen kann. Vor vier oder fünf Jahren nach der Geburt von Cricks hatte ich einen Punkt erreicht, an dem ich sagte: ‚Diesen Scheiß mache ich nicht mehr mit.‘“
„In Hollywood wurden im letzten Jahr viele Geheimnisse aufgedeckt und man blickt hinter die Fassade, aber es gibt noch so viel zu tun“, sagt Philipps. „Mir ist vor kurzem am Set etwas Verrücktes mit einem Schauspieler passiert. Es war einfach überwältigend und die Art und Weise, wie alle damit umgegangen sind, war so lächerlich; niemand hat etwas getan. Das ist der „Männer-Kodex“. Mein Mann und ich sprechen darüber, denn er ist sowohl ein Feminist als auch ein starker Kerl. Ich fragte ihn: ‚Wenn du mit einer Gruppe von Männern arbeiten würdest, die eine Frau objektivieren, würdest du etwas sagen?‘ Er sagte, er würde, aber wisse auch nicht recht.“
Die Beziehung zwischen Philipps und Silverstein ist ansteckend herzlich. Die gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz ist so offensichtlich. „In meinen Zwanzigern wurde mir das Herz gebrochen“, sagt sie. „Als ich Marc traf, verstanden wir uns auf Anhieb und ich wusste direkt, dass wir zusammenkommen würden. Ich stelle es nie in Frage, wenn sich Leute verloben oder schnell heiraten, denn ich denke, dass alles so kommt, wie es kommen soll. Marc und ich warteten zwei Jahre, aber ich hätte ihn wohl auch direkt geheiratet.“
„Zu BEGINN meiner beruflichen Laufbahn gab es derartig facettenreiche KARRIEREN noch nicht. Ich wünschte, ich hätte die Weitsicht gehabt, Dinge selbst zu ERSCHAFFEN“
Unser Interview neigt sich dem Ende zu. Bevor sie geht, muss ich sie dennoch fragen, welche ihrer Fernsehserien – Voll daneben, voll im Leben, Cougar Town und natürlich Dawson’s Creek – sie für die Beste hält. „Voll daneben, voll im Leben ist ein echter Klassiker“, antwortet sie. „Und dann wahrscheinlich Cougar Town. Dawson’s Creek habe ich mir nie angesehen, weder vor noch während meiner Zeit in der Show. Ich hatte nicht das gleiche Verhältnis zu der Serie wie ihre Zuschauer.“
Ihre Rolle hat jedoch zur engen Freundschaft mit Michelle Williams beigetragen. „Es ist interessant, dass wir nach der Serie zu besten Freundinnen wurden“, sinniert sie. „Wir hatten nur wenige Szenen miteinander. Jen und Audrey waren kaum befreundet. In der letzten Staffel gaben sie uns allerdings einige gemeinsame Szenen, um uns glücklich zu machen.“
Eine Kassiererin hielt kürzlich ihr Wechselgeld zurück, bis Philipps ihr versichern musste, dass es ein Wiedersehen mit Dawson’s geben würde. „Ich sagte: ‚Ok, klar. Es passiert zwar nicht, aber das ist ja egal.‘“ Und sie hat Recht, denn dafür ist sie viel zu beschäftigt.
GESICHTSPUNKTE
Busy Philipps ist ein echter Hautpflege-Fan. Sie enthüllt ihre besten Tipps und verrät, wann es einmal so richtig schiefgegangen ist.
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