Ein Hauch von Nichts
mit
Kayako Higuchi

Clevere Cut-outs, durchschimmernde Bodys, transparente Materialien und dramatische Rotnuancen: Hinter dem „Weniger ist mehr“-Trend dieser Saison verbirgt sich in der Tat mehr, als man auf den ersten Blick erkennt, verrät EMMA SPEDDING. Entdecken Sie die sinnlichen Silhouetten der neuen Kollektionen von Saint Laurent, Coperni und mehr Star-Designern mit dem japanischen Model KAYAKO HIGUCHI
Die sogenannte „Naked Dress”-Ästhetik hat in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Dabei handelt es sich bei der Tendenz, mehr Haut zu zeigen, um so viel mehr als nur einen plumpen Schrei nach Aufmerksamkeit auf den roten Teppichen der Welt. Dass transparente Stoffe in den Frühling/Sommer‘24-Kollektionen den Ton angeben, liegt nicht etwa daran, dass sie ein Statement setzen oder für den maximalen Schockfaktor sorgen sollen. Vielmehr verleihen federleichte Materialien wie Organza, Chiffon und Tüll alltäglichen Outfits ein romantisches Flair, Selbstvertrauen und Ausdrucksstärke – und sind somit eine wahrhaftige Ode an die Schönheit des weiblichen Körpers.
„Transparente Pieces eignen sich ideal für schicke Lagenlooks und rufen bei jedem Outfit ein Gefühl von eleganter Anmut und himmlischer Leichtigkeit hervor“, weiß Katherine Ormerod, Brand Consultant. Wenngleich sie solche Looks als „Akt des Selbstbewusstseins“ bezeichnet, so rät sie bei allem Mut zur Transparenz gleichzeitig auch dazu, mit Bedacht vorzugehen – denn „man kann schließlich nicht den ganzen Abend lang die Arme vor der Brust verschränken!“. Wenn Sie also noch nicht dem Beispiel von Olivia Wilde folgen möchten (die sich kürzlich bei der Saint Laurent H/W24-Show im ultra-transparenten Body in der ersten Reihe zeigte), empfiehlt Ormerod, den durchsichtigen Look mit einem „hauchzarten BH“ abzumildern.
Der Trend zur Transparenz beschränkt sich in dieser Saison nicht nur auf Outfits für besondere Events. Mit hochwertigen Key Pieces, sportlich-schicken Essentials, Statement-Röcken sowie Oberteilen kann dieser Style durchaus auch alltagstauglich gemacht werden. „Nichts deutet mehr auf die wärmere Jahreszeit hin als ein transparentes Kleid“, findet Harriet Haskell-Thomas, Global Head of Styling bei NET-A-PORTER. Doch wie kann man einem Trend neuen Schwung verleihen, der uns schon die letzten beiden Sommer begleitet hat? Die Lösung könnte nicht einfacher sein: Anstatt auf zu formelle oder verführerische Looks sollten Sie kurzerhand auf praktische Essentials setzen. „Verpassen Sie Ihren ultra-femininen Pieces einen sportlichen Twist mit Retro-Sneakers und einer XXL-Bomberjacke aus edler Seide“, so Haskell-Thomas. „Ich werde ebenfalls zu meinen transparenten Blusen vom letzten Jahr greifen und sie in der neuen Saison mit kurzen Sporthosen stylen.“
Der Eröffnungslook der F/S24-Laufstegshow von Carven dient als Paradebeispiel dafür, wie durchsichtige Materialien Ihrer Alltagsgarderobe eine überraschend neue Facette verleihen können. Die Kombination eines grauen Rocks aus Organza mit einem weißen Hemd, einem grauen Pullover mit Rundhalsausschnitt und einem weiten, klassischen Trenchcoat hauchte der „Naked Dress“-Ästhetik einen alltäglichen Charme ein. Dieses Phänomen war auch bei Saint Laurent und Coperni zu beobachten, die transparente Pieces gekonnt mit klassischen Essentials wie Pullovern, Jeans und Cargohosen kombinierten. Für Bojana Kozarevic, Deputy Fashion Director bei NET-A-PORTER, nahmen die Cargohosen mit hoher Taille von Saint Laurent beim Styling dieses Fotoshootings eine wesentliche Rolle ein – schließlich sind Form und Silhouette von zentraler Bedeutung, wenn man sich den Transparenz-Trend mit wirkungsvollen und ansprechenden Looks zu eigen machen möchte.
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„Bodys gelten seit jeher als absolutes ESSENTIAL. In der Frühling/Sommer‘24 zeigt sich das Key Piece hingegen von seiner EXTRAVAGANTEN Seite“
Der Body
Bodys gelten seit jeher als absolutes Fashion-Essential. In der Frühling/Sommer‘24 zeigt sich das Key Piece hingegen von seiner extravaganten Seite. Statt des klassischen, langärmeligen Bodys mit Rundhalsausschnitt findet man das Kult-Design in dieser Saison in transparenter Optik oder mit gewagten Cut-outs. Isabel Marants sinnlicher, ultra-transparenter Body hat es uns besonders angetan. Die spektakulären Cut-outs legen den Rücken und die Taille frei und werden mit feinsten Schnüren zusammengehalten. Auf dem Laufsteg wurde der Body mit weiten XXL-Cargoshorts gestylt, die einen geschickten Kontrast zur durchsichtigen, hautengen Passform bilden und den Look somit alltagsfähig machen. Auch Badeanzüge können zum Body umfunktioniert werden, was sich besonders im Urlaub als praktische Lösung erweist. Wie wäre es beispielsweise mit dem unwiderstehlichen und vielseitig kombinierbaren Design von Maygel Coronel aus goldenem Stretch-Material und mit zahlreichen Cut-outs?
Hauchzarte Eleganz
„Durchsichtige Pieces waren das absolute Highlight auf den F/S24-Shows. Der Transparenz-Trend wurde geschickt genutzt, um traditionell dezenten Looks den ultimativen Wow-Effekt zu verleihen“, so Moderedakteurin Chloe Street. „Coperni, Victoria Beckham und Acne Studios haben ihren engelhaften, weißen Kleidern allesamt einen transparenten Twist verpasst, während wir anderswo knielange Röcke und Midi-Styles mit ähnlichem Design bestaunen konnten.“ Die Kult-Brand Carven ließ sich bei ihren durchsichtigen Bleistiftröcken vom Minimalismus der 90er-Jahre inspirieren, die an Stilikone Carolyn Bessette-Kennedy erinnern. Auch die Wahl der Unterwäsche erfordert ein zusätzliches Maß an Sorgfalt, wenn sie für jeden sichtbar ist. Das New Yorker Label Skin bietet hierfür die passenden Triangel-BHs und Slips, die dank ihrer praktischen Designs und der bequemen, natürlichen Materialien in keiner Garderobe fehlen dürfen.
„Durchsichtige Designs waren das HIGHLIGHT auf den F/S24-Shows. Der Transparenz-Trend wurde geschickt genutzt, um traditionell DEZENTEN Looks den WOW-EFFEKT zu verleihen“
Sportliches Finish
Wenn Sie Ihren transparenten Looks ein stylishes Upgrade verpassen möchten, sollten Sie diese mit sportlichen statt verführerischen Pieces kombinieren. „Durch den Kontrast rücken die hochwertigen Key Pieces umso stärker in den Fokus, sodass der Look noch edler wirkt“, erklärt Kozarevic. Die Rede ist hierbei nicht von den unscheinbaren Leggings und Sport-BHs, die Sie üblicherweise im Fitnessstudio tragen, sondern von sportlichen Outfits mit Retro-Flair und jeder Menge Charakter. Kozarevic schwört dabei auf Styles im „Vintage-Design“ – wie beispielsweise die tiefroten, glänzenden Shorts von Simone Rocha, mit denen Sie garantiert auch im Boxring mächtig Eindruck schinden würden, oder auch die von den 70er-Jahren inspirierten Sneakers von Loewe mit ihren bunten Farbakzenten und Wildlederdetails.
„Das Midikleid aus NETZSTOFF von Proenza Schouler fasziniert mit einer INTENSITÄT, die man bei einem ‚NAKED Dress‘ nicht erwartet“
Rot ist Trumpf
Ausdrucksstarkes Rot lag schon in den vergangenen Saisons hoch im Kurs. Als Synonym für Leidenschaft, Stärke und dramatische Intensität eignet sich diese Nuance wie kaum eine andere für einen souveränen Statement-Look. Der Begriff „Pop of Red“, der erstmals im Jahr 2023 auftauchte und schnell von prominenten Stylisten übernommen wurde, ist deshalb auch diesen Sommer eindeutig nicht wegzudenken. Die Frühling/Sommer’24-Kollektion von Simone Rocha war eine regelrechte Hommage an rote Rosen – und es besteht kein Zweifel, dass ihre tiefroten Boxershorts aus Seide in dieser Saison für stylishe Furore sorgen werden. Wenn Sie sich stattdessen an ein komplettes Outfit in der angesagten Trendfarbe heranwagen möchten, weiß Matthieu Blazy von Bottega Veneta genau, was das Herz einer jeden Fashionista höherschlagen lässt. Die Luxusbrand läutet diesen Sommer mit ihrem feuerroten Kleid eine ganz neue Art von Bodycon ein. Das aus Leder gefertigte It-Piece wirkt durch die raffinierten Paspelierungen entlang des Korsetts und den gewundenen Details am Dekolleté moderner denn je.
„Im Urlaub können auch schicke BADEANZÜGE zum Body UMFUNKTIONIERT und STYLISH kombiniert werden“
Luxuriöse Akzente
In Sachen Schmuck sollten Sie in dieser Saison keine falsche Scheu zeigen und stattdessen aufs Ganze gehen. Setzen Sie demnach anstelle von dezenten Designs auf markante, skulpturale Armspangen von Luxuslabels wie Saint Laurent und Alexander McQueen. Mit zusätzlichen Statement-Accessoires wie den „Julius“-Ohrringen von Khaite, die sich elegant an Ihre Ohrläppchen schmiegen, verpassen Sie Ihrem Look das perfekte Finish. Saint-Laurent-Liebhaberinnen schmücken sich besonders gerne mit wuchtigem Gold und Silber an beiden Handgelenken und kombinieren dabei häufig verschiedene Designs und Materialien, wie beispielsweise kuppelförmige Goldarmbänder und gewellte Armreifen aus Silber. Insbesondere transparente Styles lassen sich durch diese schicken Accessoires mühelos aufwerten, so zum Beispiel auch das schulterfreie Oberteil aus Seidentüll von Christopher Esber. Durch den Kontrast zwischen edlem Schmuck und hauchzarten Pieces verwandelt sich Ihr Outfit in einen wahren Hingucker.
Raffinierte Texturen
Laut Kozarevic sollten Sie sich an „romantischen und dennoch ausdrucksstarken“ Looks orientieren, um die transparente Ästhetik auch im Jahr 2024 noch modern wirken zu lassen. Glücklicherweise geht das Styling-Potenzial über extravagante Outfits hinaus – denn es „muss nicht unbedingt auffallen“, sondern kann sich gänzlich auf „clevere Details“ beschränken. Ein Beweis hierfür sind die kreativen Designer-Styles aus Makrameegarn mit Fransen oder gerüschtem, geknotetem und gedrehtem Tüll. Das Midikleid von Proenza Schouler aus Netzstoff fasziniert wiederum mit einer einzigartigen Intensität, die man bei einem „Naked Dress“ nicht unbedingt erwartet. „Ich liebe es, verschiedene Materialien zu kombinieren – der Mix zwischen einem weicheren Stoff und Leder ist zum Beispiel immer so unglaublich schick“, so Kozarevic über ihr kunstvolles Zusammenspiel von unterschiedlichen Textilelementen.
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